Eine „Abfindung“ ist im gewöhnlichen Sprachgebrauch nichts anderes als eine Ausgleichszahlung für die Beendigung eines Vertragsverhältnisses und gerade bei Kündigungsschutzklagen vor dem Arbeitsgericht immer wieder Thema. Doch nicht nur Arbeitnehmer haben unter Umständen gute Aussichten auf solche Abfindungen, sondern auch selbstständige – in Ihrem Berufsbild und Berufsverständnis nicht mit Arbeitnehmern zu vergleichende – Handelsvertreter haben in bestimmten Situationen Ansprüche auf Zahlung einer Abfindung. Das Thema kommt dann in Frage, wenn der Vertrag zwischen Handelsvertreter und dem Unternehmer gekündigt wird!
Kreis Viersen. Der selbstständige Handelsvertreter kann von dem Unternehmer, mit dem er zusammenarbeitet, einen Ausgleich verlangen, wenn und soweit die Tätigkeit des Handelsvertreters auch nach Beendigung des Vertrages mit ihm für den Unternehmer messbare wirtschaftliche Vorteile hat und eine Abfindung „der Billigkeit entspricht“. Geregelt ist dies in § 89 b HGB. Die Höhe der „Abfindung“ beträgt höchstens eine durchschnittliche Jahresprovision bzw. Jahresvergütung. Selbstverständlich sind auch das Verhalten des Handelsvertreters und die Hintergründe der Vertragskündigung für die weitere Anspruchsprüfung wichtig.
Kündigung während Probezeit zieht
Ausgleichsanspruch nach sich
Ist der Vertrag gekündigt, stellt sich die Frage, ob der Unternehmer durch die Arbeit des Handelsvertreters Vorteile erlangt hat. Konkret geht es darum, ob aus der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter geworben hat (neue Stammkunden), auch nach Beendigung des Vertrages mit dem Handelsvertreter noch weitere Geschäftsabschlüsse aus diesem Kundenstamm für das Unternehmen entstehen. Auch die Erweiterung der Geschäftsverbindung mit einigen Kernkunden kann von Bedeutung sein! Hat der Handelsvertreter insofern messbar zum wirtschaftlichen Erfolg über seine Vertragslaufzeit beigetragen, ist ein gerechter Ausgleich zu leisten. Hier kann es ganz unterschiedliche Einzelfälle mit ganz verschiedenen Sachverhalten geben (Betrieb einer Tankstelle durch den Handelsvertreter, Vertrieb langlebiger Wirtschaftsgüter, Vertrieb von Versicherungen etc.). Dann bedarf es der individuellen Prüfung und genauer Überlegung.
Recht frisch ist an dieser Stelle die Nachricht aus Europa. Der EuGH hat am 19.04.2018 geurteilt, dass sogar eine Kündigung während der Probezeit genügt, um zunächst den Ausgleichsanspruch entstehen zu lassen. Dies schafft für den Handelsvertreter durchaus interessante weitere Durchsetzungschancen. Für beide Seiten gilt, dass eine qualifizierte anwaltliche Beratung zur Prüfung, ob und wie ein Vertrag zu beenden ist bzw. welche Folgen sich hieraus ergeben können, auch für das Verhältnis zwischen Handelsvertreter und Unternehmer – wie auch zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber unerlässlich ist.
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