Nach Minto, NEW-Blauhaus und Roermonder Höfe bekommt Mönchengladbach das nächste Leuchtturmprojekt binnen kürzester Zeit: Auf dem Campus der Hochschule Niederrhein entsteht die private Berufsschule Textilakademie NRW. Erster Schultag ist am 29. August 2018, der moderne Bau kostet 20 Millionen Euro – finanziert ohne Fördermittel, nur durch private Träger. Den Millionen-Invest schultern zu gleichen Teilen der Verband der Rheinischen Textil- und Bekleidungsindustrie e.V. mit seinem Vorsitzenden Rolf Königs an der Spitze sowie der Verband der Nordwestdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie e.V. Mit der Akademie, die nahezu alle Bildungsbereiche abdeckt, wollen die Verbände die Ausbildung in der Textilbranche signifikant verbessern.
Dass dies unbedingt notwendig ist, unterstrich Dr. Wilfried Holtgrave, Präsident des Nordwestdeutschen Verbands: „Auch unsere Branche steht im Wettbewerb um kluge Köpfe. Deshalb brauchen wir eine völlig neue Qualität der Ausbildung, um junge Menschen für unsere Branche zu begeistern.“ Und das lohne sich vor allem für den Nachwuchs, denn: „Die textile Welt ist heute ungleich spannender als vor 20, 30 Jahren“, unterstreicht Holtgrave.
Die Textilakademie NRW, die an der Ecke Rheydter- und Breite Straße errichtet wird, soll der Branche wieder mehr Glanz verleihen. Und die Chancen stehen gut, dass dies gelingen wird: Allein das Gebäude, das dauerhaft mit einer textilen Hülle – Christo lässt grüßen – ummantelt sein wird, soll ein echter Hingucker werden. Innen erfüllt es alle Voraussetzungen für modernes Lernen. Die potenziellen Schüler, die aus dem Einzugsgebiet der Verbände, das bis in den hohen Nordern reicht, kommen werden, können im benachbarten Gästehaus (80 Plätze) einziehen, das ebenfalls neu gebaut wird. Ziel sei, so Rolf Königs, anfangs zwischen 300 und 350, später bis zu 600 Azubis, zu unterrichten. „Für die Stadt Mönchengladbach, NRW und die Hochschule ist die Textilakademie ein absoluter Tusch“, unterstreicht Königs. Sein Kollege Dr. Holtgrave ist davon überzeigt, dass es sich bei ihrem Projekt „um den innovativsten Ansatz in ganz Deutschland handelt. Eine solche Aubildung in universitären Umfeld gibt es bislang noch nicht.“ Auch Professor Dr. Hans-Hennig von Grünberg, Präsident der Hochschule Niederrhein, ist begeistert: „Die in Quantität und Qualität völlig neue Form der Kooperation zwischen Wirtschaft und Wissenschaft ist ein Meilenstein in der deutschen Bildungslandschaft. Auszubildende interagieren mit Studierenden und Lehrer mit Dozenten – dadurch entsteht eine neue Qualität von der aus- und Weiterbildung bis zum Dualen Studium.“
Im Anschluss an die offizielle Vorstellung der Textilakademie erfolgte Mittwochnachmittag die Unterzeichnung für den Grundstückskauf, der Bauantrag soll Ende des Monats eingereicht werden. Im November soll Baubeginn sein. Königs und Dr. Holtgrave verhehlen nicht, dass es eine Menge Überzeugungsarbeit kostete, die Mitglieder der Verbände für den Bau, der zu 100 Prozent aus der eigenen Tasche bezahlt wird, zu begeistern. „Schlussendlich ist es aber eine Investition in die Zukunft unserer Branche“, betont Königs.
Sieben Ausbildungsberufe – Maschinen- und Anlagenführer Textiltechnik und -veredlung, Produktgestalter Textil, Produktionsmechaniker Textil, Produktprüfer Textil, Produktveredler Textil und Textillaborant Textil – werden gelehrt. Um das textile Ensemble aus Textiltechnikum, Aus- und Weiterbildungsakademie und Hochschule noch um den Bereich der angewandten Forschung zu erweitern, soll außerdem ein Fraunhofer-Institut für Textil- und Bekleidungslogistik angesiedelt werden. „Wir sind diesbezüglich sehr weit und werden die Verantwortlichen der Fraunhofer-Gesellschaft auch davon überzeugen“, ist Rolf Königs optimistisch.
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FAKTEN
Für die Textil- und Bekleidungsindustrie sind in Deutschland 1.400 Unternehmen tätig. 410.000 Beschäftigte, 280.000 davon im Ausland, erwirtschaften dabei einen Jahresumsatz von 31 Milliarden Euro. Nimmt man branchennahe Zweige (Textilhandel und -service) noch dazu, sind in Deutschland im textilen Umfeld 730.000 Mitarbeiter beschäftigt, der Jahresumsatz liegt dann bei 117 Milliarden Euro.“