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„Auf die nächste wirtschaftliche Wachstumsphase vorbereiten“

 

Mönchengladbach. Die Corona-Pandemie erwischte Mönchengladbach im Beschäftigungsboom. 103.669 Menschen hatten Ende 2019 eine sozialversicherungspfl ichtige Stelle. Das waren 3,2 Prozent mehr als Ende 2018. Anfang 2020 erreichte dann die Pandemie – mit allen bekannten Einschränkungen für Mensch und Wirtschaft – Deutschland. Angela Schoofs, Geschäftsführerin der Agentur für Arbeit in Mönchengladbach, nimmt im Interview mit dem Wirtschaftsstandort Stellung zur aktuellen Situation auf dem Arbeitsmarkt.

 

Frau Schoofs, wie beschreiben Sie die Beschäftigungslage in Mönchengladbach gegen Ende 2020?

Angela Schoofs: Erstmals seit Ausbruch von Corona in Deutschland war die Zahl der Arbeitslosen in Mönchengladbach im September rückläufig. Diese Entwicklung bestätigte sich auch im Oktober. Das ist zunächst einmal positiv festzuhalten. Der Arbeitsmarkt bleibt dennoch unter Druck. Das ergibt sich aus den aktuellen Corona-Entwicklungen und zeigt die Arbeitslosenquote, die zuletzt bei 10,5 Prozent lag und damit 1,9 Prozentpunkte über dem Vorjahreswert. Dass dieser Vergleich nicht noch negativer ausfällt, verdanken wir der Kurzarbeit, die Unternehmen weiterhin vielerorts einsetzen, um Fachkräfte zu sichern. Nach dem plötzlichen und gravierenden Einbruch der Wirtschaftsleistung im Frühjahr erleben wir seit dem Sommer eine Phase des Übergangs und stehen in einigen Branchen möglicherweise auch erst am Anfang eines durchgreifenden strukturellen Wandels. Auch müssen wir mit erneuten wirtschaftlichen Rückgängen durch den neuerlichen Anstieg der Pandemie rechnen.

 

Wie sollten sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber in dieser Situation verhalten?

Ich rate allen Seiten dazu, sich jetzt auf die nächste wirtschaftliche Wachstumsphase vorzubereiten. Das bedeutet für Arbeitgeber, künftige Fachkräfte zu schulen oder auszubilden. Und für Arbeitnehmer kann jetzt die Zeit sein, die beruflichen Perspektiven durch eine Qualifizierung zu verbessern oder sogar umzuschulen. Die Agentur für Arbeit bietet viele Möglichkeiten der Förderung. Informationen dazu gibt es im persönlichen Gespräch mit unseren Beraterinnen und Beratern.

 

„Jeder Jugendliche erhält von unserer Berufsberatung ein Angebot“
Angela Schoofs, Geschäftsführerin
Agentur für Arbeit Mönchengladbach

 

Im Sommer kam deutschlandweit die Sorge auf, aufgrund der Pandemie könnte der nächste Jahrgang an Auszubildenden vergessen werden. Sie warnten damals, dass das gravierende Auswirkungen auf den Fachkräftemarkt der Zukunft haben würde. Wo steht Mönchengladbach gegen Ende des Jahres?

Traditionell startet die Ausbildung im August und September eines Jahres. Corona sorgte aber für Verzögerungen. Im Konsens mit den Kammern wurde deshalb der sehr wichtige Beschluss gefasst, 2020 auch bis zum Jahresende neue Ausbildungsverträge zu ermöglichen. Unser Beitrag dazu lautet: Jeder Jugendliche erhält von unserer Berufsberatung ein Angebot. Zusätzlich bieten wir als Bundesagentur für Arbeit ein breites Förderspektrum, das im Sommer durch Bundes- und Landesprogramme ergänzt wurde. Das Bundesprogramm „Ausbildungsplätze sichern“, das sich an kleine und mittlere Unternehmen richtet, die von der Corona-Krise betroffen sind, wurde in Mönchengladbach seit August beispielsweise rund 50 Mal positiv beschieden. Bemerkenswert dabei ist, dass darunter zu gut drei Viertel die „Ausbildungsprämie plus“ bewilligt wurde. Die geht an Betriebe, die einerseits von der Pandemie wirtschaftlich betroffen sind und andererseits trotzdem das Ausbildungsniveau im Vergleich zu den Vorjahren erhöhen.

 

Sie sprachen die Kurzarbeit an, in der sich viele Menschen befinden. Bei denen wie auch bei jenen Mönchengladbachern, die arbeitslos geworden sind, stellt sich die Frage, wie sie sich für die berufliche Zukunft aufstellen können. Wie hilft ihnen die Arbeitsagentur?

Eine gute Lösung ist die Fortbildung. Damit stellen sich die Teilnehmer als Fachkräfte der Zukunft auf. Wir ermöglichen und finanzieren von der Anpassung bis zur Umschulung viele spannende Kurse.

 

Und für welche Branchen bestehen besondere Bedarfe?

Seitens der Arbeitgeber bestehen die größten Bedarfe bei Speditionen, in der Logistik, in allen Berufsgruppen rund um die Eisenbahn wie auch bei Bus- und Berufskraftfahrern. Gerade im Mittelpunkt steht außerdem der hohe Bedarf in der Alten- und Krankenpflege aber auch in den Erziehungsberufen. Mit Blick auf die Zukunft spricht zudem viel dafür, die digitalen Kompetenzen auszubauen. Auf diese Weise können sich sogar ganz neue Berufe auftun, zu nennen sind beispielweise Kaufleute für Dialogmarketing, Digitalisierungsmanagement oder Kaufleute für IT-System-Management.

 

Hat die Corona-Pandemie eigentlich auch die Arbeitsagentur Mönchengladbach verändert?

Selbstverständlich beraten wir auch weiterhin persönlich vor Ort mit Termin. #WirsindweiterfürSieda lautet seit März unser Slogan. Zusätzlich erweitern wir unsere Internet-Seiten permanent, um vom Einstieg in die Themen bis zu weitergehenden Informationen möglichst viel Wissen zu bündeln. Parallel dazu haben wir unsere Hotlines ausgebaut, um beispielsweise mit dem „Ersten telefonischen Eltern-Sprechtag“ oder mit „Bei Anruf: Ausbildungsplatz!“ jungen Menschen zu helfen. Vor allem aber sind wir digitaler geworden, das fängt beim bundesweiten Selfie-Ident-Verfahren für neue Arbeitslosmeldungen an und geht weiter bis zu regionalen Angeboten. In Mönchengladbach gehören dazu unter anderem das Mitwirken an digitalen Ausbildungsmessen, die Berufsberatung per Video und unser neues digitales Berufsinformationszentrum.

 

Sie werben dafür, dass Unternehmen trotz der Pandemie Auszubildende einstellen sollen. Wie stehen die Chancen bei der Arbeitsagentur selbst?

Wir haben im Sommer neun Auszubildende freigesprochen und als Fachangestellte für Arbeitsmarktdienstleistungen übernommen. Zugleich wurden acht neue Auszubildende sowie sechs junge Menschen eingestellt, die bei uns ein Duales Studium absolvieren. Momentan können sich bereits Interessenten an einer dreijährigen Ausbildung bei der Agentur für Arbeit Mönchengladbach für das Ausbildungsjahr 2021 beraten lassen. Wir freuen uns über jede Bewerbung.

 

 

ZUR PERSON
Angela Schoofs ist seit 1. Januar 2013 Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit in Mönchengladbach. Seit 1987 steht die studierte Volkswirtin im Dienste der Bundesagentur für Arbeit. Von 1997 bis 2004 war sie hier Abteilungsleiterin in der Arbeitsvermittlung und Arbeitsberatung. Von 2004 bis 2007 verantwortete Schoofs die operativen Geschäfte der Agentur für Arbeit Aachen. Von 2007 bis Juni 2012 leitete die versierte Expertin die Agentur für Arbeit Duisburg. Auch die Reformprozesse innerhalb der Bundesagentur begleitete Angela Schoofs mit ihrem fachlichen Knowhow. Parallel war sie 20 Jahre für die SPD im Rat der Stadt Krefeld tätig und wurde für ihr Engagement mit der Stadtältestenwürde und dem goldenen Stadtring ausgezeichnet. Zur Agentur für Arbeit Mönchengladbach gehören die Hauptagentur in Mönchengladbach sowie die Geschäftsstellen Neuss, Grevenbroich und Dormagen.

 

„Auf die nächste wirtschaftliche Wachstumsphase vorbereiten“
ist ein Beitrag aus der aktuellen Ausgabe
des Magazins Wirtschaftsstandort Mönchengladbach.
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