Mit dem Bau eines neuen Komplexes vis à vis zum Stadion stößt Borussia in neue Dimensionen vor. Ende 2017 sollen Hotel, Museum, Fan-Shop und Physiotherapie-Abteilung auf sechs Etagen eröffnet werden.
Stephan Schippers ist gebürtiger Mönchengladbacher, hat das sportliche Auf und Ab der Borussia von den 70er- bis 90er-Jahren hautnah verfolgt. Seit 1999 ist er Geschäftsführer des Klubs. Damals lag Borussia am Boden, sportlich und finanziell. „Heute muss ich mich jeden Tag kneifen, wenn ich sehe, wie sich der Verein seitdem entwickelt hat.“ Und entwickeln wird, denn auf dem Gelände des Borussia-Parks wird voraussichtlich bis Ende 2017 ein sportliches und architektonisches Ensemble entstehen, das im Vergleich mit anderen europäischen Fußball-Klubs seinesgleichen suchen wird – ein Meilenstein für Borussia, ein Meilenstein aber auch für die Stadt Mönchengladbach.
„Architektonisch werden Stadion und Neubau eine Einheit bilden“
Stephan Schippers, Geschäftsführer von Borussia
Im Schatten der Westtribüne entsteht ein moderner Neubau, der auf einer Fläche von 15.000 Quadratmetern ein Borussia-Museum, einen großen Fan-Shop, ein Hotel und das Reha-Zentrum von Partner medicoreha beherbergen wird. Auf der Vorderseite dominiert eine riesige Glasfront, die von Hotelzimmern und Behandlungsräumen den Blick freigibt auf das Borussia-Stadion, innen „brennt“ die Seele von Borussia. In Abstimmung mit der Lindner-Gruppe, die sich auf den Bau von Themenhotels spezialisiert hat, kann die Raute auf allen sechs Etagen gesehen, gefühlt und erlebt werden. Im Erdgeschoss entsteht das 1.000 Quadratmeter große Borussen-Museum mit interaktiven Funktionen und 3D-Darstellungen, nebenan ist der neue Fan-Shop geplant. Der Kassenbereich wird deutlich aufgestockt, Borussia rechnet speziell an Heimspiel-Wochenenden mit einem enormen Umsatzplus durch den Verkauf von Trikots und anderen Fan-Artikeln. Ein überdachter Gang verbindet die neue Lobby mit dem Stadion, wo es – durch den Umzug von medicoreha – Raum für 800 neue VIP-Plätze geben wird. „Der neue Komplex wird das i-Tüpfelchen für unser Stadion sein. Architektonisch wird beides eine Einheit bilden“, so Schippers voller Vorfreude.
Bei der Jahreshauptversammlung im April konnte der Geschäftsführer den Mitgliedern die ersten Modellskizzen des futuristisch anmutenden Gebäudes präsentieren. Entworfen wird der Bau vom Düsseldorfer Architektur-Büro Slapa Oberholz Pszczulny (SOP), das unter anderem auch für die Esprit-Arena in der benachbarten Landeshauptstadt verantwortlich ist. 28 Millionen Euro will der Verein dafür investieren, „und daran wird auch nicht gerüttelt“, bekräftigt Borussias „Zahlen-Wächter“ Schippers. Rund ein Drittel dieser Summe will der Klub aus dem eigenen Kapital beisteuern. Dass er es kann, belegt die Jahresbilanz 2014: ein Rekordumsatz von 130 Millionen Euro, ein Gewinn von 12,8 Millionen Euro nach Steuern und eine Eigenkapitalquote von 30 Prozent. Gerade letzteres ist ein wichtiger Gradmesser für die wirtschaftliche Stabilität und finanzielle Unabhängigkeit; weist ein Unternehmen 15 Prozent Eigenkapital auf, gilt es als stabil. Angesprochen auf die voraussichtlichen Zahlen beim Jahresumsatz und Gewinn für 2015 sagt Schippers mit einem Lächeln: „Sie werden jedenfalls nicht schlechter.“ Borussen-Präsident Rolf Königs, der vor Kurzem für eine weitere dreijährige Amtszeit gewählt wurde, unterstrich bei der Jahreshauptversammlung: „Die Finanzierung für den Bau steht.“ Bis spätestens 2036 will Borussia den Kredit an die Stadt Mönchengladbach zurückgezahlt haben und überweist dafür ab 2018 jährlich 4 Millionen Euro.
Für Anfang des Jahres 2016 ist die Ausschreibung für den Bau geplant, im zweiten Quartal die Vergabe. Bei einer voraussichtlichen Bauzeit von 18 Monaten könnten Ende 2017 die ersten Gäste im neuen Hotel nächtigen. Bei aller Vorfreude auf das Projekt hofft Schippers, „dass die Unannehmlichkeiten für Fans und Mitarbeiter während der Bauphase nicht allzu groß werden“. Viel Trubel wird definitiv nach der Eröffnung der neuen „Erlebniswelt“ im Borussia-Park herrschen: Zu den 450 Veranstaltungen, die der Verein jetzt schon abseits des Kerngeschäfts Fußball pro Jahr organisiert, könnten 300 Events zusätzlich dazukommen. Denn die Aussicht, eine Tagung in den Räumlichkeiten des Stadions mit dem Besuch eines Spiels und einer Übernachtung im Hotel nebenan zu verbinden, wird für viele Unternehmen verlockend sein. Merchandising, Museum, Hotelbetrieb, Veranstaltungen: Alles Instrumente, mit denen Borussia Mönchengladbach zusätzliche Einnahmen generieren will und wird. Und die dazu führen werden, dass der Verein, der sich in den vergangenen vier Jahren sportlich in der oberen Tabellenhälfte etabliert und durch das erstmalige Erreichen der Champions League einen vorläufigen sportlichen Meilenstein erreicht hat, nach Abschluss des Projekts wieder verstärkt in Beine statt in Steine investieren kann.