Düsseldorf. Das Konzept ist vielfach erprobt und denkbar einfach: 10 Minuten haben junge Leute Zeit, sich im Gespräch mit Betriebsinhaberinnen und -inhabern oder Personalverantwortlichen zu präsentieren. Umgekehrt können diese neugierig machen auf Beruf und Betrieb. – Dann geht‘s zum nächsten „Date“.
Beim Azubi-Speeddating der Handwerkskammer kamen am Dienstagvormittag auf diese Weise auch in diesem Jahr Unternehmen und potentielle Azubis zusammen, wurden Informationen weitergegeben, Lebensläufe über den Tisch gereicht und Probearbeitstage oder Praktika vereinbart. Bereits das 7. Jahr in Folge nutzten auch die vielen teilnehmenden Unternehmen aus dem Handwerk die Chance, ihr Ausbildungsangebot für 2023 zu präsentieren und freie Lehrstellen erfolgreich zu besetzen.
Vor Ort waren rund 80 Betriebe aus Düsseldorf und dem Umland, die über 350 Ausbildungsplätze in mehr als 40 Berufen – von der Anlagenmechanikerin bis zum Zahntechniker – im Gepäck hatten. Auch Praktikumsstellen und duale bzw. triale Studienplätze waren zu vergeben. Eine vorherige Anmeldung war nicht notwendig, aber von der Kammer gab es im Vorfeld Tipps für die Teilnehmenden, um das Speeddating optimal zu nutzen. Entsprechend kamen viele Schülerinnen und Schüler gut vorbereitet.
Die Corona-Pandemie hat die Ausbildungsplatzsuche nicht einfacher gemacht. Das wissen auch die Personalverantwortlichen in den Betrieben und nutzten gerne die unkomplizierte Kennenlernmöglichkeit in Präsenz. „So schnell waren die 80 Plätze für die Betriebe, die wir angeboten haben, noch nie ausgebucht“, stellte Geschäftsführer Dr. Christian Henke fest. Auch die Resonanz bei den Besuchern war mit mehr als 800 Teilnehmenden höher als im Vorjahr. Ebenfalls ein positives Resümee zog Kammerpräsident Andreas Ehlert: „Betriebsverantwortliche haben mir mehrfach signalisiert, dass sie auf ernsthaftes Interesse bei den jungen Leuten stießen und bereits einige vielversprechende Vorstellungsgespräche geführt haben.“
So hat Friseurmeisterin Nicole Meßner („Tausendschön“, Düsseldorf), die ihre aktuelle Auszubildende gleich mitgebracht hatte, schon mehrere konkrete Bewerbungen erhalten. Der Chefin liegt nicht nur an einem guten Betriebsklima, sie hat vor kurzem auch auf die 4-Tage-Woche umgestellt – und ist erfolgreich damit. Auch Frank Rund (Malerbetrieb Jaensch, Neuss) freute sich, dass er mit einigen potenziellen Azubis ins Gespräch kam. Schon für die Folgewoche sind sie eingeladen, den Betrieb im Rahmen eines Praktikums kennenzulernen.
Ausbildungsplätze zu besetzen sei weit schwieriger geworden als in früheren Jahren, als man noch etwa 40 Bewerbungen jährlich erhalten habe. Er selbst ist als persönlicher Ansprechpartner für die angehenden Maler- und Lackierer/innen jederzeit da: „Sie werden bei uns in der Ausbildung rundum betreut.“
Für Gewerke wie Orthopädieschuhtechnik (zum 1. Mal dabei: Cordewener GmbH, Neuss) oder Modellbau (Duisburger Modellfabrik) ist es hingegen etwas schwieriger, den Jugendlichen erst einmal ein Bild des Ausbildungsberufs zu vermitteln. Beim Modellbau denken manche an den kleinen Maßstab – dabei sind es oft gerade große „Werkzeuge“, die Modellbauer herstellen – beispielsweise Gussformen für Teile von Windkraftanlagen, Motoren oder für den Schiffbau. Am Beruf fasziniert sowohl das Handwerkliche als auch das Moderne und Digitale. Zwei Auszubildende hat der Betrieb durch frühere Speeddatings gefunden.
Sebastian Drabik (Bäckerei Terbuyken, Düsseldorf) ist es wichtig, jungen Leuten die Berufsbilder rund um die Backstube nahe zu bringen. Zumal die Themen gesunde Ernährung, superfood, vegan & Co. voll im Trend liegen! Was viele nicht wissen: Die Ausbildung lässt sich mit einem dualen Studiengang BWL Food Management kombinieren. Genaue Vorstellungen setzte der Ausbildungsleiter aber nicht zwingend voraus: „Wir freuen uns, wenn das Interesse da ist! Wenn unser Gegenüber vielleicht feststellt ‚Ach krass, hätte ich nicht gedacht, wie vielfältig der Beruf ist.‘“ Um zu testen, ob die Tätigkeit etwas für einen sei, gebe es zum Beispiel Schnupperpraktika: „Wenn man dann mit Spaß an der Sache dabei ist, passt es.“ Drabik, der vor acht Jahren selbst seine Ausbildung bei Terbuyken gemacht hat und jetzt für Recruiting und Ausbildungsbetreuung zuständig ist, setzt vor allem auf Vertrauen und Zuverlässigkeit, weniger auf Abschlussnoten. Während für den Bäcker die Kontaktnahme über persönliche Begegnungen wie Schulbesuche, Messen oder eben das Speeddating läuft, hat Dietmar Böhlert (Metallbaubetrieb, Erkrath) mit seiner Frau zusätzlich einen anderen Weg eingeschlagen: Sie sind in den Sozialen Medien aktiv, um Azubis anzuwerben.
Das Team der Ausbildungsberaterinnen und -berater der Kammer gab Auskunft zu Berufszielen, Anforderungen und Verdienstmöglichkeiten. Erstmalig konnten zudem in einem Handwerksparcours fünf Handwerksberufe vor Ort ausprobiert werden. Und wer sich im Matching-Pool eingetragen hat, kann über das Projekt „Passgenaue Besetzung“ Informationen über perfekt auf ihn zugeschnittene Stellen erhalten. Das Beratungsangebot steht allen Ausbildungsinteressierten selbstverständlich auch nach dem Aktionstag zur Verfügung – zahlreiche Sprechstunden und Infoveranstaltungen halten für jede Zielgruppe die passende Unterstützung bereit. Die Online-Ausbildungsbörse der HWK rundet das Angebot ab www.hwk duesseldorf.de/lehrstellen
Bildunterschrift: Kamen beim Azubi-Speeddating ins Gespräch: Ausbildungssuchende Shirin Sander und Sebastian Drabik, Ausbildungsbetreuer bei der Firma Terbuyken.
Foto: Wilfried Meyer