
Peter Hauptmann, Geschäftsführer der Invest Region Viersen, spricht im Interview mit dem Wirtschaftsstandort über die bevorstehenden Herausforderungen, den „heißen Draht“ in die Niederlande und den wichtigen Wirtschaftsfaktor Tourismus.
Herr Hauptmann, die Kreiswirtschaftsförderung pflegt bekanntermaßen gute Kontakte in die Niederlande und ist bestrebt, diese weiter zu intensivieren. Unter dem Dach der neuen Marke Invest Region Viersen gründeten Sie 2014 ein deutsch-niederländisches Verbindungsbüro, das Liaison Office. Jetzt verstärken Sie im nächsten Step Ihre Präsenz durch einen Netzwerkpartner.
Das ist richtig. Wiel Aerts soll unter anderem neue Kontakte in die Provinzen Brabant und Limburg knüpfen. Das Besondere: Wiel Aerts ist Niederländer und kennt die Mentalität seiner Landsleute und selbstverständlich die vielfältigen Wirtschaftsstrukturen bei unseren Nachbarn. Es gibt doch immer noch sprachliche Barrieren, und auch die Ansprache der Kunden ist eine Mentalitätsfrage. Aerts ist bestens in den benachbarten Provinzen vernetzt und kennt sich auch gut in den wirtschaftlichen Strukturen des Kreises Viersen aus.
Wie sieht das konkrete Aufgabengebiet von Wiel Aerts aus?
Der neue Repräsentant der Invest Region Viersen soll die Zusammenarbeit forcieren und insbesondere konkrete Leads niederländischer Unternehmen generieren, heißt: Unternehmen in den Niederlanden für die Invest Region Viersen interessieren. Dazu ist Kontinuität und ein langer Atem notwendig, denn die persönlichen Kontakte müssen erst aufgebaut und stabilisiert werden. Positiv ist, dass sich immer mehr niederländische Unternehmen für den deutschen Markt interessieren und sich fragen, wie das Business in Deutschland funktioniert. Als unser Vertreter nahm Aerts kürzlich an der Messe „Bedrijven voor Bedrijven“, übersetzt „Unternehmen für Unternehmen“, in Helmond-Peelland teil. Dort stellte die Invest Region Viersen als Aussteller auf dem Gemeinschaftsstand des World Trade Centers Eindhoven die Vorzüge der Region vor.
Mit Dr. Andreas Coenen gibt es seit Oktober einen neuen Landrat für den Kreis Viersen. Auch mit ihm knüpften Sie bereits neue Kontakte mit unserem Nachbarland.
Ich habe seit Beginn meiner Tätigkeit für die WFG sehr systematisch viele Kontakte zu Wirtschaft, Politik und Verwaltung in der Region Venlo und der Provinz Limburg auf- und ausgebaut. Das persönliche Gespräch und Kennenlernen der verantwortlichen Akteure ist dabei von großer Bedeutung. Nur so kann man Vertrauen aufbauen und gemeinsame Projekte generieren. In dem Zusammenhang haben wir gemeinsam kürzlich Antoin Scholten, den Bürgermeister von Venlo, getroffen. Für Dr. Coenen war es der Antrittsbesuch in Venlo als neuer Landrat, für uns eine große Unterstützung.
Welche Erkenntnisse haben Sie aus diesem Treffen mitgenommen?
Wir sind überein gekommen, in Fragen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit und euregionalen Entwicklung einen kontinuierlichen Austausch zu pflegen. Herr Dr. Coenen hat avisiert, im Rahmen der euregionalen Zusammenarbeit das Thema ÖPNV in Angriff zu nehmen, denn zumindest im Busverkehr existiert die Grenze zwischen dem Kreis Viersen und den Niederlanden immer noch. Auch für den grenzüberschreitenden Arbeitsmarkt ein Thema hoher Relevanz. Mir war es außerdem wichtig, unsere niederländischen Nachbarn über die Entwicklung und die Planungen in Elmpt zu informieren. Die Erschließung des ehemaligen Militärgebietes wird aufgrund der überregionalen Bedeutung auch auf der niederländischen Seite der Grenze viel Beachtung finden. Good Neighborhood sollte man dabei stets im Auge haben.
„Bei Entwicklungsprojekten kann das, was heute en vogue ist, in zehn bis 15 Jahren schon wieder überholt sein“
Welche Branchen sollen sich Ihrer Meinung nach langfristig in Elmpt ansiedeln?
Im Entwurf des Regionalplans sind Teile der Liegenschaft für die Entwicklung als Gewerbe- und Industrieflächen vorgesehen, die Bereiche der Start- und Landebahn sollen für die Produktion regenerativer Energien genutzt werden. Bei Entwicklungsprojekten dieser Größenordnung muss man sehr genau hinschauen, welche Entwicklung perspektivisch am sinnvollsten ist. Das, was heute en vogue ist, kann in zehn bis 15 Jahren schon wieder überholt sein. Bei den Planungen ist daher Weitsicht gefragt.

Wenn es um das Thema Zukunftstechnologien geht, fällt zwangsläufig auch das Stichwort Breitbandausbau. Wie ist der Kreis Viersen in dieser Hinsicht aufgestellt?
Grundsätzlich gut, aber sicherlich in verschiedenen Bereichen noch ein Stück weit entfernt von einer optimalen Versorgung. Unsere Städte und Gemeinden haben sich dieses Themas aber sehr professionell angenommen, teilweise sogar in interkommunaler Zusammenarbeit. Da ist sehr viel in Bewegung.
Vor einigen Jahren schossen Start-Ups wie Pilze aus dem Boden. In NRW ist das Thema nun wieder im Vordergrund vieler Schlagzeilen. Wie geht die Invest Region Viersen damit um?
Als Wirtschaftsförderer stehen wir allen Gründern unterstützend zur Seite. Mit unserer Tochtergesellschaft, dem TZN Technologiezentrum Niederrhein, haben wir ein zertifiziertes Starterzentrum zur Hand, mit dem wir auch in unseren Städten und Gemeinden gemeinsam mit den lokalen Wirtschaftsförderern Vor-Ort-Beratungen durchführen. Das Interesse ist da, die Rückmeldungen sehr gut. Die Städte Viersen und Willich sowie die Burggemeinde Brüggen unterhalten darüber hinaus eigene Gründerzentren. An vorhandenen Möglichkeiten über den gesamten Kreis hinweg mangelt es nicht. Für die Zukunft bleibt allerdings abzuwarten, ob sich die Zahl und die Art der Gründungen nicht auch der demographischen Entwicklung anpassen wird. In einer Zeit steigenden Fachkräftebedarfs werden sich viele potentielle Gründer vielleicht auch eher für den attraktiven Job in einem Unternehmen entscheiden. In jedem Fall wird sich da einiges ändern. Da sind wir nah am Geschehen.
„Es geht darum, mehr Gäste für unsere Region zu gewinnen“
Immer aktuell im Kreis Viersen ist das Thema Tourismus…
Tourismus ist ein bedeutender Wirtschaftsfaktor für den Kreis. Mit den Kernthemen Radfahren, Naturerlebnisse und seit drei Jahren dem Thema Wandern sind wir sehr gut aufgestellt. Mit Vertretern der Kommunen und den Betrieben aus Übernachtung, Gastronomie, Freizeit und Kultur finden regelmäßige Treffen auf Initiative der Invest Region Viersen statt. Der intensive Austausch zu Marketing, Vertrieb, Qualitätsmanagement, Angebotsentwicklung und Profilbildung stärkt die Region, und somit auch die „Marke Niederrhein“. Ein schönes Beispiel hierfür, ist zum Beispiel der Wunsch einer Gästecard, der Niederrheincard. Eine solche Karte bringt Vorteile für unsere Gäste und trägt bei den Betrieben zur Gemeinschaft und Identifikation mit der Region bei. Schließlich geht es darum, mehr Gäste für unsere Region zu gewinnen.
… und zwar mit der Niederrhein Tourismus GmbH, die im Jahr 2004 gegründet wurde und ihren Sitz in der Stadt Viersen hat.
Niederrhein Tourismus ist die regionale touristische Organisation mit den Gesellschaftern Kreis Viersen, Kreis Wesel und Kreis Kleve. Um Destinationen bedeutend zu machen, sind solche Kooperationen wichtig. Einzelkämpfer haben auf dem globalen Markt kaum noch eine Chance. Angebotsüberschuss und veränderte Gästepräferenzen sind gute Gründe, dass Städte und Kreise sich zu einer Destination firmieren, die einen regionalen „Kümmerer“ hat. Dies führt zu Profilschärfung einer Region und mehr Sichtbarkeit auf der touristischen Karte.
Vor welchen Aufgaben und Herausforderungen steht die Invest Region Viersen noch in diesem Jahr?
Wir betreuen einige Ansiedlungsprojekte, die wir zum Erfolg führen wollen. Wir werden unsere persönlichen Netzwerke weiter ausbauen und die Invest Region Viersen als attraktiven Wirtschaftsraum bekannter machen. Dazu müssen wir das Profil der Region weiter schärfen und sichtbarer werden. Im Konzert des Standortwettbewerbs brauchen wir ein gutes Instrument mit klarem Ton und starker Stimme.
Mit Peter Hauptmann sprach Wirtschaftsstandort-Redakteur Jan Finken
STICHWORT LIAISON OFFICE
Ein Baustein dabei ist das seit 2014 bestehende gemeinsame Liaison Office der Invest Region Viersen und des niederländischen Business Club Maas Rhein mit Sitz in
Venlo. „Das Liaison Office richtet sich an Unternehmen, die grenzüberschreitend tätig sein wollen und grenzüberschreitende Kontakte suchen“, so Peter Hauptmann.
Ziel des Verbindungsbüros ist es, Netzwerke zu knüpfen und sie zu erweitern. Auch bei der Standortsuche für künftige Projekte will das Liaison Office den deutschen und
niederländischen Geschäftspartnern hilfreich zur Seite stehen.
STICHWORT JAVELIN BARRACKS ELMPT
Die ehemalige Royal Air Force Station Brüggen war bis zum 15. Juni 2001 ein wichtiger Militärflugplatz der Royal Air Force in Deutschland. Benannt war die Basis nach
der Gemeinde Brüggen, dem nächstgelegenen Eisenbahndepot, sie lag jedoch neben der Ortschaft Elmpt. Da die Royal Air Force keine weitere Verwendung für sie
hatte, wurde die Basis am 28. Februar 2002 an die British Army übergeben und in Javelin Barracks umbenannt. Aufgrund des Komplettabzugs der Britischen Streitkräfte
aus Deutschland wurde die Kaserne Anfang Dezember 2015 an Deutschland zurückgegeben. Auf dem Gelände, das der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA)
gehört, ist jetzt eine Notunterkunft für bis zu 2.500 Flüchtlinge eingerichtet worden. Sie soll bis Juni 2016 zur Verfügung stehen und dann in eine zentrale Unterbringungseinrichtung für 1.000 Flüchtlinge überführt werden. Parallel wird untersucht, welche wirtschaftlichen Nutzungsmöglichkeiten es für das Areal gibt.
STICHWORT NIEDERRHEIN TOURISMUS GMBH
Die Niederrhein Tourismus GmbH ist die Dachgesellschaft des Niederrheins für alle touristischen Belange und bündelt die Aktivitäten der Kommunen und der
Leistungsanbieter der Tourismusbranche. Mehr Informationen auf www.niederrheintourismus.de.
KONTAKT
Wirtschaftsförderungsgesellschaft
für den Kreis Viersen mbH
Willy-Brandt-Ring 13
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