Mönchengladbach. 2019 war ein gutes Geschäftsjahr für den Flughafen Mönchengladbach: Das Defizit konnte um 500.000 Euro verringert werden. Sollte sich der Trend irgendwann umkehren, drohen den Gladbachern Steuererhöhungen, um das Loch zu stopfen – so lautet die Auflage der Bezirksregierung.
Zufrieden trotz eines Minus von 2 Millionen Euro: Was auf den ersten Blick paradox erscheint, macht für die Verantwortlichen des Flughafens Mönchengladbach (MGL) mehr als Sinn. Erst 2018 hatte die Stadt die Mehrheitsanteile am MGL vom Düsseldorfer Airport übernommen. Im Gepäck: Ein Defizit von etwa 2,6 Millionen Euro. Nun hat Mönchengladbach das Heft des Handels selbst in der Hand, was sich gleich im ersten kompletten Geschäftsjahr positiv bemerkbar machte: Das Betriebsergebnis ist um 500.000 Euro gestiegen, statt des kalkulierten Minus von 2,3 Millionen Euro sind es „nur“ noch 2 Millionen.
Die Gründe dafür sind vielfältig. Der Wichtigste: Dank einer neuen Entgeltverordnung für die Flugsicherheit, die im Oktober 2018 in Kraft trat, spülten die Starts und Landungen (42.500 in 2019) im Vergleich zu den Jahren zuvor mehr Geld in die Kasse. Waren es 2018 593.000 Euro, stieg der Erlös ein Jahr später schon auf 890.000 Euro.
Bis März diesen Jahres verzeichneten die Flugbewegungen am MGL eine weitere Steigerung von 11 Prozent – bis Corona kam. „Aufgrund der Auswirkungen durch das Virus verzeichnen wir hier von Januar bis April jetzt ein Minus von 2,9 Prozent, vor allem, weil die Flugschulen komplett schließen mussten“, erklärt MGL-Geschäftsführer Franz-Josef Kames. Weil die Flugschulen inzwischen wieder öffnen durften und im Mai die Zahl der täglichen Starts und Landungen auf überproportionale 145 stieg, ist Kames vorsichtig optimistisch, dass der Gladbacher Airport mit einem blauen Auge durch die Krise kommt: „Wir werden in diesem Jahr nach derzeitiger Planung rund 5 000 Flugbewegungen verlieren, was sich mit 150.000 Euro auf den Erlös auswirken wird.“
Mut macht auch die wachsende Zahl der Arbeitsplätze am Flughafen: Waren es 2013 noch 416, sind es aktuell 653, Tendenz steigend. Allein RAS steuert 250 Arbeitnehmer bei. Und weil das Unternehmen am MGL weiter expandieren will und neue Firmen angesiedelt werden sollen, steigt auch die Bedeutung des Airports für den lokalen Arbeitsmarkt.
Apropos neue Firmen: „Um das Defizit langfristig zu verringern, sind Investments nötig“, unterstreicht Dr. Ulrich Schückhaus, oberster Wirtschaftsförderer der Stadt und neben Kames Geschäftsführer des Flughafens. Entscheidend für eine nachhaltige und zukunftsweisende Entwicklung des MGL sei der Ausbau des Areals mit weiteren Hangarplätzen, Expansionsflächen für bestehende Unternehmen und der Ansiedlung neuer innovativer Player, zum Beispiel in Verbindung mit dem Zukunftsprojekt SkyCab (siehe FAKTEN). Neue Flächen für die Weiterentwicklung des Flughafens stehen künftig auf dem Areal der Trabrennbahn (140.000 Quadratmeter) und dem angrenzenden 32.000 Quadratmeter großen Grundstück zur Verfügung. Auch auf der heutigen Parkplatzfläche könnten ein Business Park mit Büroräumen, Flächen für Forschung und Entwicklung sowie ein Hotel angesiedelt werden. Zusätzlich entsteht derzeit ein neuer Hangar mit einer Nutzfläche von 1.200 Quadratmetern, der ab dem zweiten Halbjahr neue Mieteinnahmen in die defizitäre MGL-Klasse spülen soll.
Die Stadt Mönchengladbach kämpft außerdem für mehr Gerechtigkeit bei der Kostenübernahme für den Flugbetrieb. Eine Initiative der Regionalflughäfen verlangt vom Bund seit langem, dass die Kosten für die Flugsicherung wie bei den internationalen Flughäfen auch übernommen werden. Personal, Technik und Instrumentenlandesystem schlagen jährlich mit 1,2 Millionen Euro zu Buche. „Unser Tower hat exakt die gleiche Ausstattung wie die großen Flughäfen, aber wir müssen die Kosten alleine schultern. Das ist ein Wettbewerbsnachteil“, sagt Kames. Die beteiligten Flughäfen haben sich jetzt in einem Brief an das Bundesverkehrsministerium gewandt. „Es scheint nun Bewegung in die Sache zu kommen“, hofft Kames.
Im Geschäftsjahr 2020 soll sich das Minus am MGL (trotz Corona) auf 1,8 Millionen Euro verringern. „Wir wollen am Flughafen perspektivisch so viel Gewerbesteuer produzieren, dass dies das Defizit übersteigt“, sagt Schückhaus. Das wäre eminent wichtig, denn die Stadt hat sich gegenüber der Bezirksregierung verpflichtet, einen ausgeglichenen Haushalt auszuweisen. Wenn das Flughafen-Minus die Stadt in die roten Zahlen drückt, müssten Steuern erhöht werden. „Wir werden versuchen, den Haushaltsausgleich darzustellen, selbst wenn der Flughafen ein negatives Ergebnis haben sollte“, betont Oberbürgermeister Hans Wilhelm Reiners, der auch Aufsichtsratsvorsitzender des Flughafens ist.
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FAKTEN
Im Rahmen des SkyCab-Projekts, das vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur in der zweiten Projektstufe mit 2,6 Millionen Euro gefördert wird, will sich der MGL als Forschungs- und Innovationsstandort positionieren. Das entwickelte Konzept sieht ein elektrisch betriebenes Flugtaxi vor, das mit 240 Stundenkilometern eine Strecke von mindestens 95 Kilometern in deutlich kürzerer Zeit zurücklegen kann als per Auto oder Bahn. Bis 2022 soll ein SkyCab-Prototyp entstehen.
Bildunterschrift (oben): Sie wollen das Minus des Flughafen Mönchengladbach abbauen (v.l.): Oberbürgermeister Hans Wilhelm Reiners, die MGL-Geschäftsführer Franz-Josef Kames und Dr. Ulrich Schückhaus sowie Prokurist David Bongartz.
Foto (Archiv): Andreas Baum