Mönchengladbach. Mitte 2018 hat die Entwicklungsgesellschaft der Stadt Mönchengladbach (EWMG) die Mehrheit am Flughafen Mönchengladbach (MGL) übernommen mit dem Ziel, das finanzielle Defizit zu reduzieren und neue zukunftsweisende Entwicklungen anzustoßen. Ab 2024 soll der noch defizitäre Airport schwarze Zahlen schreiben. Wie soll das gelingen? Eine Bestandsaufnahme und ein Blick in die Zukunft!
FLUGBEWEGUNGEN
Ende 2018 verzeichnete der Flugplatz Mönchengladbach erstmals seit fünf Jahren wieder mehr als 40.000 Flugbewegungen pro Jahr. Ende 2020 wird wohl die 45.000er- Marke geknackt werden können – ein deutliches Zeichen für den anhaltenden Aufwärtstrend. Die entsprechenden Flugentgelte machen 40 Prozent der Gesamterlöse aus. Sie werden 2020 auf rund 1.100.000 Euro steigen und damit das Bilanzdefizit weiter verringern. Die erwarteten Verluste liegen 2020 noch bei 1,8 Millionen Euro und damit erneut 200.000 Euro unter denen des Vorjahres und 0,8 Millionen Euro unter denen von 2018.
WACHSENDER SCHULFLUGBETRIEB
Gründe für die steigenden Flugbewegungen liegen zum einen beim Schulflugbetrieb, auf den 60 Prozent des Flugaufkommens entfallen. Der gute Jahresstart mit einem Plus von gut 11 Prozent bis zum März war die Grundlage für die positive Entwicklung. Der Corona- bedingte Einbruch durch die temporäre Schließung der Flugschulen bis April konnte in den Folgemonaten wieder aufgeholt werden.
So wurde im Juli 2020 mit knapp 7.000 Flugbewegungen der verkehrsreichste Monat seit mehr als 20 Jahren registriert, auch im September verzeichnete der MGL noch knapp 40 Prozent mehr Schulflüge als im Vergleichsmonat 2019. Die aktuelle Krise in der Luftfahrt macht sich bei den Flugschulen noch nicht bemerkbar.
AUSBAU DES WARTUNGSGESCHÄFTS
Neben dem Schulflugbetrieb haben auch die Business-Flüge zugenommen. Wer es sich in Corona-Zeiten leisten kann, steigt in einen Business-Jet statt in ein größeres Linienflugzeug – sofern diese überhaupt starten. Daraus resultiert auch eine verstärkte Wartungsnachfrage, die der MGL mit seiner guten Infrastruktur und renommierten Wartungsunternehmen wie beispielsweise RAS und elite Jet Service bedienen kann. Das Wartungsgeschäft war bereits vor der Corona- Pandemie ein wachsender Geschäftszweig am Flugplatz MGL, Tendenz steigend. Als ausgewiesener Wartungsflughafen verfügt der MGL über eine bessere Infrastruktur als viele kleinere Flugplätze mit Linienflugverkehr.
NEUE HALLEN
Eine Studie des Deutschen Zentrums für Luftund Raumfahrt (DLR) aus dem Jahr 2019 zeigt Perspektiven für das Flughafen-Areal auf. In einer ersten Phase werden unter anderem Hangarkapazitäten auf bestehenden Betriebsflächen erweiterte. Ende August 2020 hat die Flughafengesellschaft Mönchengladbach GmbH ihre neue Flugzeughalle 7 eingeweiht und so dringend benötigte Stellflächen geschaffen. Von 14.000 Quadratmetern in bisher sechs Flugzeughangars steigt die Kapazität auf nun insgesamt 15.200 Quadratmeter in sieben Flugzeughallen. Hier sind aktuell rund 160 Luftfahrzeuge untergestellt, davon zwölf Business- Jets. Der neue Hangar 7 bietet auf 1.200 Quadratmetern Raum für sechs bis zehn weitere Luftfahrzeuge. Die Nachfrage nach Flugzeugstellflächen am MGL ist ungebrochen hoch und die Warteliste immer noch lang. Eine weitere Halle auf dem angrenzenden Gelände der ehemaligen Rheinflugzeugbau wird kurzfristig wieder betriebsfähig sein. Damit knüpft der MGL an seine Geschichte an: Die Halle 8 war der erste Hangar, der 1957 am Flugplatz Mönchengladbach errichtet wurde. Zwei weitere Hallen stehen nach ihrer Sanierung auf dem Gelände zur Verfügung.
INVESTITIONS- UND INNOVATIONSFLÄCHEN
Mittelfristig sieht der DLR Potenzial für den Aufbau einer Airport City. Schon jetzt beherbergt der Flughafen Mönchengladbach Industrieunternehmen mit direktem oder indirekten Luftfahrtbezug. Um die Wachstumspotenziale im Hinblick auf nachhaltige und energieeffiziente Luftfahrt heben zu können, sind Investitionen in die Flughafeninfrastruktur erforderlich. Das Gelände der in Kürze aufgegebenen Trabrennbahn Mönchengladbach (rund 140.000 Quadratmeter) bietet hierfür erhebliche Chancen. Durch eine weitere Betriebszone mit Flugfeldanbindung entstehen Hangarkapazitäten und Wartungsflächen, in denen hochqualifizierte, technikaffine Arbeitsplätze geschaffen werden können. Im Umfeld können flughafenaffine Unternehmen angesiedelt werden, die zwar keinen Flugfeldzugang, aber eine Flughafennähe benötigen, beispielsweise solche, die sich mit Simulation, Training und Ausbildung beschäftigen. Auch für das bisherige Parkplatzgelände (etwa 17.000 Quadratmeter) gibt es Pläne für weitere Hallen sowie einen neuen Business Park mit Büroräumen, Flächen für Forschung und Entwicklung sowie ein Hotel.
SICHERE KONTROLLZONE
Ein Pfund, mit dem der Flugplatz Mönchengladbach aktuell und für zukünftige Entwicklungen punkten kann, ist seine Kontrollzone mit Instrumentenflugbetrieb. Sie erlaubt es, bei jedem Wetter zu starten und zu landen. Die Lage des Flugplatzes Mönchengladbach in einem der größten Ballungsräume Europas mit der Nähe zu mehreren Flughäfen in Nordrhein-Westfalen und den benachbarten Niederlanden sowie dem damit stark frequentierten Luftraum macht die Kontrollzone am MGL auch zu einem unverzichtbaren Sicherheitsfaktor.
KOSTEN FÜR FLUGSICHERHEIT
Sicherheit hat ihren Preis. Im Fall MGL sind dies 1,2 Millionen Euro jährlich für Personal und Infrastruktur, um Instrumentenflugverkehr auf diesem hohen Sicherheitsniveau anbieten zu können. Im Zuge der Gleichbehandlung mit anderen Regionalflughäfen steht eine Entscheidung aus, ob diese Kosten vom Bund übernommen werden. Voraussetzung dafür ist, dass das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung den Status der Kontrollzone bestätigt. Für den Flugplatz MGL würde dies eine enorme finanzielle Entlastung bedeuten.
Rund 60 Prozent des aktuell jährlichen Defizits entfallen auf die Kosten für die Aufrechterhaltung der Kontrollzone, die für zukunftsweisende Entwicklungen und den damit verbundenen nachhaltigen Ausbau des Flughafens unerlässlich ist.
INNOVATIONSFLUGHAFEN
Für die nachhaltige und zukunftssichere Entwicklung an Flugplatz positioniert sich der MGL in der innovativen Branche der unbemannten Luftfahrt bzw. Drohnen. Wer die Zukunft in puncto bezahlbarer und nachhaltiger Mobilität mitgestalten und von entsprechenden Entwicklungen auch im Hinblick auf hochqualifizierte Jobs profitieren möchte, muss heute in Forschung und Ausbildung investieren.
Dazu gehört das interdisziplinäre Forschungsprojekt SkyCab (Foto oben / BRAUNWAGNER) unter der Leitung der Fachhochschule Aachen, das einen ganzheitlichen Blick auf innovative Mobilitätskonzepte wie Flugtaxen wirft. Neben Flugtaxen werden vor allem unbemannte Drohnen den Luftraum nutzen. Noch in diesem Jahr wird die Flughafengesellschaft Mönchengladbach daher einen Drohnenführerschein-Kurs am MGL anbieten. Ausbildungspartner ist DRONIQ, ein Gemeinschaftsunternehmen der Deutschen Flugsicherung (DFS) und der Deutschen Telekom, das Flugverkehrskontrolle mit modernster Kommunikationstechnologie vereint. Ein mögliches Einsatzgebiet für unbemannte Drohnen sind Wartungs- und Inspektionsarbeiten in großer Höhe, zum Beispiel an Windrad-Rotorblättern.
STRUKTURWANDEL
Der Flughafen Mönchengladbach zahlt mit seinen Aktivitäten bereits in den Strukturwandel im rheinischen Braunkohlerevier ein, das auch Modell- und Pilotregion für Mobilität werden soll. Mobilität ist Grundvoraussetzung und Katalysator für jede erfolgreiche Wirtschaftsentwicklung, gleichzeitig ist keine Region in Deutschland aufgrund von Siedlungsdichte und Struktur der vernetzten urbanen Räume so prädestiniert für den Einsatz eines multimodal aufgebauten Mobilitätsnetzwerks wie das Rheinische Revier.
INFO: INNOVATION HAT TRADITION
Schon immer waren Mönchengladbach und sein Flughafen Keimzelle für Innovationen. Einer der größten Technik- und Luftfahrtpioniere Deutschlands, Hugo Junkers, wurde am 3. Februar 1859 in Rheydt geboren. Eine seiner wohl berühmtesten Flugzeuge, eine Ju52, verleiht heute dem Hugo-Junkers-Hangar, der besonderen Eventlocation am MGL, sein besonderes Flair. Rund 100 Jahre später setzt die Rhein Flugzeugbau mit dem ersten in Serie gefertigten Leichtflugzeug RW-3 am Flugplatz MGL innovative Akzente. Und heute wird hier mit der SkyCab-Forschung zu Lufttaxen ein ganz neues Verkehrs- und Mobilitätssystem definiert.
Bildunterschrift oben: Freuen Sich über die positive Entwicklung am Flughafen Mönchengladbach (v.l.): die beiden MGL-Geschäftsführer Dr. Ulrich Schückhaus und Franz-
Josef Kames und Prokurist David Bongartz.
Foto: EWMG
20 Jahre Förderverein Flughafen Mönchengladbach
Auf sein 20-jähriges Bestehen blickt in diesem Jahr der Förderverein Flughafen Mönchengladbach zurück. Am 28.09.2000 wurde der Förderverein in das Vereinsregister beim Amtsgericht Mönchengladbach eingetragen und unterstützt seitdem mit viel Engagement die Entwicklung des Airports. Bekannte Unternehmer und Unternehmungen waren von Beginn an Mitglieder des Vereins, dessen Ziel es war und ist, die regionalwirtschaftliche Bedeutung des Flughafens hervorzuheben und insbesondere die Entwicklung des Flughafens zum zentralen Regional- und Geschäftsflughafen am linken Niederrhein zu fördern. Frau der ersten Stunde war – die leider viel zu früh verstorbene – Ruth Witteler-Koch, die spätere langjährige Vorsitzende des Vereins. Gerade sie unterstützte mit ihrem unermüdlichen Engagement die Entwicklung des Vereins und brachte die für die Öffentlichkeit relevanten Themen immer wieder in den Fokus.
In den 2000er Jahren stand die Unterstützung des Flughafens beim seinerzeit angedachten Ausbau des Flughafens im Vordergrund der Vereinsarbeit. Im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens arbeitete der Förderverein dabei die regionalwirtschaftliche Bedeutung des Flughafens Mönchengladbach heraus und beauftragte hierzu unter anderem ein viel beachtetes Gutachten beim NIERS-Institut der Hochschule Niederrhein. Mit einer großzügigen Spende des Vereins, ermöglicht durch das finanzielle Engagement der Mitglieder, wurde dann der Bau des Hugo Junkers Hangars nach vorne getrieben. Schon längst ist der Hugo Junkers Hangar ein Anziehungspunkt, ein Ort für repräsentative Veranstaltungen und natürlich mit der Tante Ju ein absoluter Hingucker.
Ein neues Startsignal für den Verein war die Übertragung der Geschäftsanteile an der Flughafengesellschaft von der Stadt Düsseldorf auf die städtische Entwicklungsgesellschaft EWMG. Zukunftsgewiss stellte Frau Ruth Witteler-Koch seinerzeit fest: „Düsseldorf sieht keine Perspektive mehr für unseren Verkehrslandeplatz. Wir aber schon.“ Die rasante Entwicklung der am Flughafen angesiedelten Unternehmen gibt und gab der Einschätzung der Vorsitzenden Recht. Gerade die für den Luftverkehrsbetrieb wichtigen Firmen am Mönchengladbacher Flughafen haben eine sehr positive Entwicklung genommen und zu einer deutlichen Steigerung des Flugbetriebs geführt. Der Förderverein bringt durch diverse Veranstaltungen auf dem Flughafengelände diesen Wirtschaftsstandort immer wieder in die Öffentlichkeit.
Zu dem alle zwei Jahre stattfindenden Tag der offenen Tür kommen tausende Besucher. Darüber hinaus finden in den Sommermonaten die Fly- and Drive-In Tage statt, wo alte und neue Flugzeuge ein Stelldichein mit fahrenden Oldtimern haben. Der Förderverein hat sich darüber hinaus für den regelmäßigen Besuch der Zeppeline auf dem Mönchengladbacher Flughafen eingesetzt. Auch in Zukunft wird der Förderverein aktiv für den Airport unterstützend tätig sein, denn es tun sich auch wieder neue Handlungsfelder auf.
Derzeit hat der Verein 70 Mitglieder. Über aktuelle Projekte und Möglichkeiten der Unterstützung kann sich jeder auf der Webseite des Fördervereins unter www.pro-airport-mg.de informieren.
MGL: Potenzial für eine Airport City
ist ein Beitrag aus der aktuellen Ausgabe
des Magazins Wirtschaftsstandort Mönchengladbach.
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