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„Persönliche Kontakte sind das A und O“

Heinz Schmidt (links) mit seinem Nachfolger im Amt des IHK-Präsidenten, Elmar te Neues (Mitte), und IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz. Fotos: IHK Mittlerer Niederrhein

 

Welchen Stellenwert Heinz Schmidt nicht nur innerhalb der IHK Mittlerer Niederrhein genoss (und immer noch genießt), wurde Anfang Februar bei dessen Verabschiedung nach acht Jahren als IHK-Präsident deutlich. Über 450 Gäste waren der Einladung der IHK in die Business-Lounge von Borussia Mönchengladbach gefolgt, um dem pfiffigen Netzwerker einen würdigen Abschied zu bereiten. Im Interview mit dem Wirtschaftsstandort stellt Schmidt aber klar, dass er sich noch lange nicht gewillt ist, sich komplett aus dem Dunstkreis der Industrie- und Handelskammer zurückzuziehen…

Herr Schmidt, Ihre achtjährige Amtszeit als Präsident der IHK Mittlerer Niederrhein liegt seit Anfang Februar hinter Ihnen. Was würden Sie als größten Erfolg während Ihrer Amtszeit benennen?

Heinz Schmidt: Der größte Erfolg war, dass wir auf allen Ebenen – sei es im Präsidium, in der Vollversammlung zusammen mit den Mitgliedern und den hauptamtlichen IHK-Mitarbeitern – ein sehr vertrauensvolles Miteinander geschaffen haben. Dadurch konnten wir Dinge bewegen, die ohne ein solch persönliches Verhältnis gar nicht möglich gewesen wären.

Zum Beispiel…?

Zum Beispiel der Masterplan, den die IHK gerade in den ersten Jahren sehr eng begleitet und unterstützt hat. Zum Beispiel aber auch die Metropolregion Rheinland, die sich Ende Februar formell gegründet hat und die die IHK Mittlerer Niederrhein maßgeblich mit initiiert hat.

Gab es während Ihrer Amtszeit denn auch etwas, was sich nicht so entwickelt hat, wie Sie es angestrebt haben?

Eigentlich nicht (lacht). Im Ernst, ich bin froh und stolz sagen zu können, dass wir – und dieses Wir möchte ich betonen, denn einer allein schafft das nicht – alles abarbeiten und mit einem Haken versehen konnten, was wir uns vorgenommen hatten. Bei der Kammer sind alle Immobilien top in Schuss, wir haben keinen Investitionsstau. Wir haben dreimal in den vergangenen vier Jahren Beiträge zurückgezahlt, wir sind wirtschaftlich gut aufgestellt. Der Acker ist gut bestellt, und das macht einen auch persönlich frei.

Ihr Nachfolger ist nun Elmar te Neues aus Krefeld. Die Übergabe der Amtsgeschäfte ist abgeschlossen?

Ja, wir haben uns natürlich ausgetauscht. Er bringt die notwendige Erfahrung für das Amt mit, er war ja schon fünf Jahre lang Mitglied im Präsidium.
Sie selbst sind bestens vernetzt und gelten als ausgezeichneter „Strippenzieher“ hinter den Kulissen. Wie wichtig sind persönliche Kontakte zu anderen Entscheidern?
Eminent wichtig. Sie sind das A und O. Ohne Kontakte und das eben schon erwähnte persönliche Vertrauensverhältnis wären viele Dinge gar nicht umzusetzen.

Und welches Projekt haben Sie eventuell auf diese Weise einmal „gerettet“?

Eigentlich jedes. (lacht)

Ich verstehe. Welche Rolle spielt beim Netzwerken Ihre rheinische Mentalität?

Eine große. Ich verstelle mich nicht und habe mich nie für eine Sache verbogen. Ich bin so, wie ich bin, so habe ich angefangen, und so habe ich auch aufgehört. Ich denke, mir kam auch meine lockere Art zupass.

Haben Sie durch Ihre Tätigkeit bei der IHK neue Freunde gefunden?

Auf jeden Fall. Aus dem Präsidium beispielsweise ist im Laufe der Zeit ein Freundeskreis geworden, der auch außerhalb dieses Gremiums zusammensteht. Das ist ein persönlicher Gewinn, den ich aus dieser Zeit gerne mitnehme. Man darf aber auch nicht verhehlen, dass dieser Job äußerst zeitintensiv ist, wenn man ihn richtig machen will; dabei geht so mancher Abend drauf. Mir hat die Zeit unheimlich viel Spaß gemacht, allein weil wir sehr erfolgreich waren, aber irgendwann ist es auch einmal gut. Ich trauere dem Job nicht hinterher. (lacht)

Gab es denn in den acht Jahren auch einmal eine Phase, wo Sie vielleicht keine Lust mehr auf dieses Ehrenamt hatten?

Es gab sicher Zeiten, in denen es sehr hart war. Durch mein Engagement bei der IHK war ich gezwungen, die Arbeit, die in meinen Unternehmen liegen geblieben ist, am Wochenende nachzuholen. Es verging oft kein Samstag oder Sonntag, an dem ich nicht im Büro war.

Was geben Sie Ihrem Nachfolger mit auf den Weg?

Er muss ein ähnliches Vertrauen zum Hauptamt, zur Vollversammlung und im Präsidium schaffen, das ist das Fundament einer guten Zusammenarbeit.

Was ist das nächste große Projekt, welches die IHK stemmen muss?

Es gibt viele wichtige Projekte, die in der nächsten Zeit anstehen. Ein großes Thema wird Digitalisierung sein, die von vielen Unternehmen immer noch verkannt wird. Hier ist Aufklärung immens wichtig, denn: Wir brauchen die Glasfasertechnik, um in Zukunft wettbewerbsfähig zu sein. Für mich ist vor allem erschreckend, dass selbst heute nur wenige Unternehmen diese Notwendigkeit sehen. Wer die Zeit verschläft, den holt sie ein. Auch im Privaten ist es wichtig, sich der zunehmenden Digitalisierung zu öffnen, will man seinen Lebensstandard auch in Zukunft halten. Jeder will heute ein schnelles Auto haben, nur in Sachen Internet sind viele noch mit einem Goggomobil zufrieden. Hier muss bei den Bürgern ein Umdenken einsetzen.

Wie sieht es bei Ihnen persönlich mit den neuen Medien aus? Sind Sie beispielsweise bei Facebook zu finden?

Auf keinen Fall, das kommt für mich überhaupt nicht in Frage.

Warum?

Weil es viel zu tief in die Privatsphäre eindringt beziehungsweise, weil die Menschen dort viel zu viel von sich preisgeben. Das ist doch teilweise verrückt.

Nutzen Sie ein Smartphone?

Ich brauche nur ein ganz normales Telefon – zum Telefonieren. Ich bin generell sehr vorsichtig, was das Herausgeben von persönlichen Daten angeht. Mit Telefon und Laptop komme ich wunderbar aus.

Sagt Ihnen der Begriff Snapchat etwas?

Habe ich schon gehört, könnte ich Ihnen jetzt aber nicht erklären.

Das ist eine Kommunikationsform, die vor allem bei Jugendlichen sehr beliebt ist und wo temporär Fotos hochgeladen werden können.

Interessant – aber so etwas brauche ich alles nicht…

Das habe ich mir gedacht. Kommen wir zu einem Thema, das Mönchengladbach nachweislich verändern wird: den Masterplan.

Hier stehen wir gerade erst am Anfang, aber es ist fast schon unheimlich, wieviel Dampf zum jetzigen Zeitpunkt hinter den vielen Projekten, die durch den Masterplan angestoßen worden sind, steckt. Das hängt aber auch maßgeblich mit den handelnden Personen hinter dieser Vision zusammen. Namentlich nennen möchte ich hier die beiden Vorsitzenden des Vereins MG 3.0, Ernst Kreuder und Fritz Otten. Die beiden haben, mit vielen anderen zusammen, einen Bomben-Job gemacht. Ohne den Masterplan sähe die Zukunft von Mönchengladbach ganz anders aus. Und ohne den Masterplan hätten wir sicherlich auch nicht einen Mann wie Stadtplaner Dr. Gregor Bonin nach Mönchengladbach holen können. Der Mann ist für unsere Stadt Gold wert.

Das neue Präsidium der IHK Mittlerer Niederrhein (von links): Vizepräsident Rainer Höppner (Höppner Moden GmbH, Willich), Vizepräsident Hartmut Wnuck (Stadtsparkasse Mönchengladbach), Vizepräsident Dr. Claus Schwenzer (Effertz Tore GmbH, Mönchengladbach), Präsident Elmar te Neues (J. FINCK & CO Papier- und Folienwerk, Krefeld), Vizepräsidentin Susanne Cremer-Thywissen (Eventkommunikation, Neuss), Vizepräsident Dr. Stefan Dresely (Currenta GmbH & Co. OHG, Krefeld), Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz, Vizepräsident Christoph Buchbender (RheinLand Versicherungs Aktiengesellschaft, Neuss), Vizepräsident Dr. Erich Bröker (Jagenberg AG, Krefeld). Es fehlt Vizepräsident Prof. Dr. Joerg Dederichs (3M Deutschland GmbH, Neuss). Foto: IHK

Was ist für Sie in diesem Rahmen das spannendste oder wichtigste Projekt in den nächsten Jahren?

Ich halte es für ausgesprochen wichtig, dass wir im Rahmen des Masterplans das Potenzial des bald zur Verfügung stehenden Areals des Polizeipräsidiums auf der Grenze zwischen Mönchengladbach und Rheydt nutzen. Da haben wir eine Chance, die wir nicht vergeben dürfen und die so auch nicht wieder kommen wird. Die Möglichkeiten, hier auf der anderen Straßenseite die Potenziale einer Hochschule zu nutzen, hätte jede andere Kommune auch gerne. Ein idealer Nährboden für Start-Ups, ein Gelände, das man jungen Leuten zum Wohnen bieten kann… wir müssen dafür sorgen, dass diese jungen Menschen nach Mönchengladbach kommen und auch hier bleiben.

Auf politischer Ebene demonstriert die Große Koalition in vielen Themen Einigkeit. Ist Ihnen das vielleicht sogar zu harmonisch? Müssten CDU und SPD mehr Reibung erzeugen?

Um die Stadt nach vorne zu bringen, brauchen wir keine Reibung. Die Parteien haben genug andere Spielwiesen, wo sie konträrer Meinung sein können. Wenn es aber um die Entwicklung und die Zukunft der Stadt geht, hätte ich null Verständnis dafür, wenn hier Differenzen auf dem Rücken der Bürger und zum Nachteil der Wirtschaft ausgetragen würden.

Als Rheydter dürfte Ihnen die Idee, dort in einem Rathaus-Neubau die Stadtverwaltung zu konzentrieren, gefallen.

Ich halte dieses Projekt für eine absolut richtige Entscheidung. Es wird die Rheydter Innenstadt spürbar beleben und den Leerstand bei den Ladenlokalen verringern. Diese Entscheidung, gemeinsam mit Initiativen wie der Aktion „Heimat shoppen“, die 2014 von der IHK Mittlerer Niederrhein initiiert worden war und inzwischen von 150 anderen Städten übernommen worden ist, tragen dazu bei, den Standort Rheydt mittelfristig wieder aufzuwerten.

Auch nach Ihrer Amtszeit als IHK-Präsident wollen Sie sich weiter für die Stadt und die Region engagieren. In welcher Form?

Zum einen weiterhin als Vorsitzender des Regionalausschusses. Außerdem bin ich Mitglied in der IHK-Vollversammlung geblieben. Es gibt noch das ein oder andere Projekt, an dem ich mithelfen will – beispielsweise an der Hochschule Niederrhein das Thema Digitale Wirtschaft zu intensivieren.

Dennoch werden Sie deutlich kürzer treten können, was Ihren Aufwand für die IHK betrifft. Was machen Sie mit der neugewonnenen Freizeit? Gibt es ein Hobby, das Sie nun intensivieren können?

Ich habe ein großes Hobby, das ist Wein. Dem könnte ich aber auch so zu jeder Tages- und Nachtzeit frönen. (lacht) Nein, im Ernst, es gibt keine großen Träume, die ich mir noch erfüllen müsste. Ich bin mit meinem Leben zufrieden.

Mit Heinz Schmidt sprach
Wirtschaftsstandort-Redakteur Jan Finken