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Regionale Konjunktur lahmt – auch in Mönchengladbach

Düsseldorf/Mittlerer Niederrhein. „Der zarte wirtschaftliche Aufwärtstrend des ersten Halbjahres hat sich im Verlauf des Sommers 2023 nicht weiter fortgesetzt,“ stellt Jürgen Steinmetz, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein, anhand der gemeinsamen Konjunkturumfrage mit der IHK Düsseldorf fest. Die Wirtschaft in der Region Düsseldorf/Mittlerer Niederrhein beurteilt ihre aktuelle Geschäftslage nur noch geringfügig positiv. So stehen einem Anteil von 27,7 Prozent positiven Meldungen bereits 24,4 Prozent der Betriebe in schlechter Lage gegenüber (Saldo 3,3 Punkte). Und von dieser unbefriedigenden Geschäftslage aus, schätzen sie ihre Perspektiven ähnlich negativ ein wie schon im bisherigen Jahresverlauf (Erwartungssaldo aktuell minus 11,8 Punkte). „Geopolitische Spannungen, die hartnäckige Inflation mit Kaufkraftverlusten, steigende Zinsen und Arbeitskosten sowie weiter hohe Energiepreise sind für viele Betriebe insgesamt zu schwere Hypotheken, als dass sie mit einem baldigen Aufschwung rechnen,“ beschreibt Gregor Berghausen, Hauptgeschäftsführer der IHK Düsseldorf, die Sorgen der knapp 750 Betriebe mit zusammen etwa 65.000 Beschäftigten, die von Mitte September bis Mitte Oktober an der IHK-Befragung teilgenommen haben.


In Mönchengladbach ist die Beurteilung der Geschäftslage mit einem Saldo von 4,2 Punkten etwa genauso unbefriedigend wie in der Region Düsseldorf/Mittlerer Niederrhein. Das Geschäftserwartungssaldo liegt bei minus 1,4 Punkten. Die Mönchengladbacher Unternehmen sind damit weniger pessimistisch als die Betriebe in der Gesamtregion. „Dies dürfte auch an der Branchenstruktur liegen“, so Steinmetz. „Schließlich sind energieintensive Industrien in Mönchengladbach weniger stark vertreten als in der Gesamtregion.“


Bis weit ins Frühjahr hinein hatte die regionale Wirtschaft den durch den russischen Angriffskrieg ausgelösten Energie(preis)schock noch überraschend gut wegstecken können. Die dadurch ausgelöste hohe Inflation hat sich jedoch hartnäckig gehalten. Die Zinswende bremst Konsum wie Investitionen. Einzig der Arbeitsmarkt bleibt vergleichsweise stabil, auch wenn sich konjunkturell und wegen des Fachkräftemangels der deutliche Beschäftigungsaufbau der vergangenen zehn Jahre kaum fortsetzen dürfte. „Sollten sich wie erwartet die Inflation zurückbilden und die Arbeitslosigkeit auf noch niedrigem Niveau bleiben, könnte immerhin der private Konsum zu einem kleinen konjunkturellen Lichtblick werden,“ hofft Berghausen. „Denn mit Impulsen aus dem Ausland ist nicht zu rechnen, angesichts eines bestenfalls schwachen weltwirtschaftlichen Umfelds und weiter sinkender internationaler Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft.“ Die USA stecken innenpolitisch in der Krise und außenpolitisch in der Zwickmühle, China schwächelt wirtschaftlich und verbreitet international Unsicherheit. Alte und neue Krisenherde bis hin zu kriegerischen Handlungen gefährden die Zugänge zu Rohstoffen und Energie sowie globale Lieferketten und wichtige Absatzmärkte.


Dagegen kann sich der positive Trend auf dem Energiemarkt nicht durchsetzen. Zwar ist das Preis- und Versorgungsrisiko im Energiebereich insgesamt zwar immer noch hoch, es wird von der regionalen Wirtschaft aber deutlich weniger dramatisch als noch zu Jahresbeginn oder gar vor einem Jahr eingeschätzt. „Demgegenüber steigt die Unzufriedenheit mit der Wirtschaftspolitik“, so Steinmetz. „Die Betriebe vermissen hier Verlässlichkeit und Perspektiven vor allem für die Produktionsstandorte, was ihre Investitionsneigung merklich hemmt. Die Konjunkturumfrage zeigt, dass es jetzt an der Zeit ist, politisch gegenzusteuern, sonst rutschen wir in eine Krise.“


Entsprechend ist der Anteil der Betriebe deutlich angestiegen, die in den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen ein besonderes Risiko sehen, und zwar um zwölf Punkte auf 45 Prozent. Das Risiko der Arbeitskosten bewegt sich in gleicher Größenordnung. Der Fachkräftemangel nimmt weiter zu und ist mittlerweile für 56 Prozent aller Betriebe ein wesentliches Geschäftsrisiko. Angesichts dieser vielfältigen Belastungen beschleunigt sich der Rückgang neuer Aufträge bei den Industriebetrieben, und die Auslastungen ihrer Maschinen und Anlagen sinkt erheblich um 2 Punkte auf nur noch 76,7 Prozent. Vor diesem Hintergrund kürzen viele Betriebe ihre Investitionsbudgets.


„Die Industrie befindet sich mittlerweile in der Rezession“, benennt Jürgen Steinmetz deutlich die Entwicklung der vergangenen Monate. Die Geschäftslage des verarbeitenden Gewerbes ist zum ersten Mal seit dem Lockdown zu Jahresbeginn 2021 wieder im Minus. Auch für das kommende Jahr 2024 erwarten die Industriebetriebe einen weiteren Rückgang. Insbesondere die sich verschlechternde internationale Wettbewerbsfähigkeit aufgrund zu hoher Kosten und zu restriktiver Auflagen belastet die Branche. Die Unternehmen gehen nicht von einer kurzfristigen Verbesserung dieser strukturellen Probleme aus. Noch negativer als in den übrigen Branchen sind die Daten bei den besonders energieintensiven Industrien wie der Chemie, der Metallbe- und -verarbeitung oder der Papier- und Pappeproduzenten. „Sowohl ihre Auftragseingänge als auch die Investitions- und Personalpläne sind deutlich im Minus“, beschreibt Steinmetz.


Den Großhandel belasten die derzeitige Konsumschwäche und die Industrierezession. Auch die Logistik meldet angesichts der weiterhin hohen Kraftstoffpreise und der geringeren Nachfrage durch viele Branchen eine schlechte Lage. Demgegenüber ist die IT-Branche angesichts der weiter dynamischen Weiterentwicklung der KI-Technologie sogar im Aufwind. Der Einzelhandel leidet unter den Kaufkraftverlusten seiner Kunden, was sich besonders gravierend auswirkt, weil die Substanz vieler Betriebe in Folge der Coronakrise immer noch angegriffen ist. Ihre Aussichten für das kommende Jahr beurteilen sie zwar weiter negativ, aber nicht ausgeprägter als zuvor. Anders die Bauwirtschaft, die für das Jahr 2024 einen deutlichen Einbruch der Geschäftslage befürchtet. Das liegt insbesondere an den gestiegenen Zinsen, der nachlassenden gewerblichen Nachfrage und weiter steigenden Preisen. „Mittelfristig dürfte der Tiefbau die Schwäche des Wohnungsbaus nicht mehr kompensieren können“, prognostiziert Steinmetz.


Angesichts der Konjunkturumfrage appelliert Steinmetz an die Politik: „Wir unterstützen unsere Wirtschaft vor Ort, glauben an ein reformfähiges Deutschland und werben dafür, einen parteiübergreifenden Konsens für den Mut zur Veränderung zu finden. Wir brauchen jetzt die richtigen, strukturellen Weichenstellungen.“


Der Konjunkturbericht steht als Download-Datei zur Verfügung unter: www.mittlerer-niederrhein.ihk.de/6934

Bildtext: Gregor Berghausen (l.), Hauptgeschäftsführer der IHK Düsseldorf, und Jürgen Steinmetz, Hauptgeschäftsführer der IHK Mittlerer Niederrhein.

Foto: IHK