Mönchengladbach. Das Unternehmen APS ist eines von mehreren, das an den Flughafen Mönchengladbach glaubt und dort expandieren will. Geschäftsführer Wolfgang Dillbaum-Alexius erklärt im Interview mit dem Wirtschaftsstandort Mönchengladbach, warum der Flughafen für ihn „eine Perle“ ist.
Herr Dillbaum-Alexius, mit Ihrem Unternehmen APS haben Sie sich auf den Service rund um das Thema Flugzeugersatzteile in der Luftfahrt spezialisiert. Wie sind Sie in diese durchaus spezielle Branche hineingerutscht?
Wolfgang Dillbaum-Alexius: Ich bin seit 1986 in der Flug-Branche tätig. Als gelernter Kaufmann bin ich seinerzeit rein zufällig zu meinem ersten Job in der Fliegerei gekommen, und zwar bei der Firma Rheinland Air Service am Standort Düsseldorf. Damals hatte RAS, die ja inzwischen auch am Mönchengladbacher Flughafen stark vertreten ist, erst eine Handvoll Mitarbeiter. Ich habe mich dort um den Bereich Logistik gekümmert und diesen für das Unternehmen mit aufgebaut. Insgesamt war ich 17 Jahre lang bei der Rheinland Air Service tätig, davon die letzten fünf Jahre als Geschäftsführer. Nach dieser langen Zeit bei einem Unternehmen kam aber dann der Wunsch auf, etwas Neues zu machen und bin dann zur Firma Jet Aviation gewechselt, ein großes Schweizer Unternehmen, wo ich zwei Jahre an deren Düsseldorfer Standort als Direktor Logistik tätig war. Parallel zu der Zeit, als ich zu Jet Aviation gegangen bin, habe ich – auch um mich für meine berufliche Zukunft abzusichern – 2002 mein eigenes Unternehmen Aviation Parts Service gegründet. Erste größere Aufgabe mit dieser war die Übernahme des Handelsbereichs meines früheren Arbeitsgebers RAS, die diesen veräußert hatte. Seit 2009 bin ich nun alleiniger Gesellschafter von APS.
Weil Sie die Unabhängigkeit haben wollten?
Absolut. Nach all` diesen Jahren in verantwortungsvollen, aber eben nicht unabhängigen Positionen wollte ich einmal ohne Netz und doppelten Boden, dafür nur mir selbst verpflichtet unterwegs sein. Mir war auch bewusst, dass es vor rund acht Jahren – seinerzeit war ich 48 Jahre alt – wohl die letzte Möglichkeit war, den Schritt in die Selbständigkeit zu wagen; später ich dies wohl nicht mehr getan. Solch eine Entscheidung sollte man treffen, bevor man 50 Jahre alt wird (lacht). Den Traum, mich selbständig zu machen, hatte ich schon viele Jahre – und den Ehrgeiz, in dieser Branche, in die ich ganz zufällig reingerutscht bin und schon lange tätig war, auf eigenen Füßen zu stehen und erfolgreich zu sein.
Dass Sie das sein würden, konnte man schon in den ersten Jahren von APS erahnen…
Ja, es lief von Anfang an sehr gut, weil ich auf der einen Seite auf eine sehr treue Kundschaft und langjährige Geschäftskontakte zählen konnte, auf der anderen Seite aber auch auf Mitarbeiter, die mir zu all‘ meinen Stationen gefolgt sind und die heute teils seit vielen Jahren für mich arbeiten.
„In der Branche haben wir uns einen exzellenten Ruf als Problemlöser erarbeitet“
Geschäftsführer Wolfgang Dillbaum
Seit 2009 setzen Sie also alles auf die Karte Ihrer eigenen Firma. Wie hat sich das Geschäft seitdem entwickelt?
In den acht Jahren, in denen ich als alleiniger Geschäftsführer für APS verantwortlich bin, haben wir den Umsatz versechsfacht und verzeichnen jedes Jahr exorbitante Steigerungen.
Was sind die Gründe für diesen Erfolg?
An erster Stelle die Kompetenz meines Teams, das seit vielen Jahren in der Branche tätig ist. Unsere Flexibilität, auf jeden Kundenwunsch schnell reagieren zu können. Und die Tatsache, dass wir unsere Export-Rate kontinuierlich steigern konnten. In der Branche haben wir uns einen exzellenten Ruf als Problemlöser erarbeitet. Mein Standard-Spruch, den ich jedem neuen Mitarbeiter oder Auszubildenden am ersten Tag mit auf den Weg gebe, lautet: Geht nicht, gibt’s bei uns nicht! Nach diesem Credo bemühen wir uns, wirklich jedes Problem unserer Kunden, und sei es noch so ungewöhnlich, zu lösen. Nur damit kann man den Unterschied zu Mitbewerbern machen: Die Produkte, die alle anbieten, ähneln sich; punkten kann man vor allem im Kundenservice, und das ist mein Ansatz. Wo andere aufhören, fangen wir erst an, und das macht für mich persönlich auch den Reiz einer Aufgabe aus.
Können Sie ein konkretes Beispiel nennen?
Da gibt es viele. Kürzlich kam ein Kunde aus Bitburg in der Eifel auf uns zu, der Fallschirmsprünge anbietet. Ein Unternehmen also, das darauf angewiesen ist, vor allem am Wochenende startklar zu sein. Seine Maschine hatte eine defekte Batterie, für den nächsten Tag war er aber komplett gebucht. Also hat sich einer meiner zwei Mitarbeiter, die einen Pilotenschein haben, in unser Flugzeug gesetzt, das Ersatzteil noch am gleichen Tag zum Kunden gebracht und direkt eingebaut. Der Flugbetrieb konnte schon Stunden später planmäßig weitergehen. Das verstehe ich unter Service, und das wird von unseren Kunden sehr geschätzt. Übrigens genauso wie die Tatsache, dass wir nicht nach Standardlösungen suchen, sondern nach der günstigsten für den jeweiligen Kunden. Die Fliegerei ist ein sehr kostspieliges Vergnügen, aber es muss nicht immer ein brandneues Ersatzteil sein; deren Preise sind in der Branche exorbitant hoch. Wir waren eines der ersten Unternehmen, das PMA-Teile angeboten hat. PMA steht für „part master approval“ und bezeichnet Nachbauten von Originalteilen. Diese sind echtheits-zertifiziert, offiziell zugelassen und erfüllen dieselben Qualitätsstandards wie ein neues Bauteil, sind aber deutlich günstiger.
Die Maschinen, um die Sie sich kümmern, befinden sich überwiegend in privater Hand?
Nicht nur, wir haben einen ausgesprochen vielfältigen Kundenmix. Wir besorgen Ersatzteile für eine Oldtimer-Maschine genauso wie für eine Boeing 767. Wir haben große Airlines als Kunden, Business Aviation-Firmen, regionale Fluggesellschaften und vor allem Werkstätten, die kleinere Propeller- oder Turbinen-Flugzeuge in Stand setzen. Derzeit haben wir einen Stamm von rund 1.200 Kunden, die in 75 Ländern der Welt verteilt sind. Im kommenden Geschäftsjahr wollen wir unsere Exportquote weiter steigern und 140 neue Kunden gewinnen.
Noch einmal zu den Stichworten Service und Kundenorientierung: Wie wichtig ist der persönliche Kontakt zu Kunden?
Immens wichtig. Nicht immer kann man alle Probleme telefonisch oder per eMail aus der Welt schaffen. Wir bemühen uns, mindestens einmal im Jahr persönlich bei unseren Kunden in Europa vor Ort zu sein. Das ist bei unserem großen Kundenstamm aufwändig, aber wir legen großen Wert auf diesen persönlichen Kontakt, weil es die Wertschätzung für unsere Partner zeigt und man im direkten Gespräch einen ganz anderen Zugang zum Geschäftspartner bekommt. Der persönliche Draht zum Kunden ist der Schlüssel zum Erfolg.
Hauptsitz Ihres Unternehmens ist Mönchengladbach, aber Sie haben auch weitere Standorte aufgebaut…
Richtig. In Mönchengladbach haben wir derzeit 15 Mitarbeiter, dazu drei in unsere Filiale in Belgien, drei in den USA und acht in Serbien. Gerade Serbien ist für uns in den vergangenen Jahren ein wichtiger Standort geworden, wo wir enger Partner des dortigen Militärs und des internationalen Flughafens in Belgrad sind.
Sehen Sie für die kommenden Jahre noch einen speziellen Wachstumsmarkt?
Ja, in Südamerika. Wir haben gerade damit begonnen, dort Nischen zu finden und zu besetzen. Ich plane, deswegen auch innerhalb der kommenden zwei Jahre in Lima in Peru eine Dependance zu eröffnen, um von dort aus unser Südamerika-Geschäft weiter aufzubauen und zu koordinieren.
In Ihrem Team finden sich, wie eingangs erwähnt, viele langjährige Mitarbeiter, aber auch verhältnismäßig junge Gesichter – eine bewusste Entscheidung von Ihnen?
Auf jeden Fall. Junge Menschen sind wissbegierig, und eine Grundvoraussetzung für das, was wir in dieser doch speziellen Branche machen, ist Enthusiasmus und Motivation. Die Identifikation mit seiner Aufgabe und dem Unternehmen ist entscheidend, da kann man auch schon einmal über eventuelle schulische Schwächen hinwegsehen. Seit 26 Jahren bilde ich selbst aus, und inzwischen merke ich ziemlich schnell, ob jemand die Passion für den Job in der Fliegerei hat oder nicht. Ich habe hier in Mönchengladbach beispielsweise einen Mitarbeiter, der mit 16 Jahren von der Realschule mit einem durchschnittlichen Zeugnis kam und hier eine Ausbildung angefangen hat. Heute ist er einer meiner wichtigsten Mitarbeiter. Grundsätzlich bin ich fest davon überzeugt, dass es unter den Jugendlichen auch heute noch ganz viele Diamanten gibt. Man muss sie schleifen, das ist viel Arbeit, aber am langen Ende lohnt sich diese Mühe.
Ihr Unternehmen ist erfolgreich und soll weiter wachsen, auch in der Fläche. Sie liebäugeln mit einem Neubau an einem logischen Standort.
Richtig, wir wollen expandieren, und das am liebsten direkt am Standort Flughafen Mönchengladbach. Aktuell liegen wir mit unserer Firmenzentrale davon nicht weit entfernt, und auch unsere aktuelle Adresse im „Airport Park“ passt sehr gut zu uns. Wenn unser Business aber schon die Fliegerei ist, dann macht bei einem Neubau der Standort Flughafen allein aus Image-Gründen natürlich noch mehr Sinn. Wir brauchen jetzt kurzfristig mehr Lagerfläche, und auf lange Sicht gilt es außerdem zu überlegen, ob die Ergänzung durch ein weiteres Geschäftsfeld wie beispielsweise Flugzeug-Vercharterung oder -Verkauf dazu nimmt. Das ist noch nicht final entschieden, aber wenn wir am Flughafen Mönchengladbach die entsprechenden Flächen zur Verfügung hätten, würden wir voraussichtlich auch in diesen Bereich einsteigen.
„Welche Absichten hat ein potenzieller neuer Eigentümer? Wir brauchen Planungssicherheit“
Geschäftsführer Wolfgang Dillbaum
Ein potenzieller Neubau Ihrer Firmenzentrale steht und fällt also mit der weiteren Entwicklung des Flughafens Mönchengladbach.
Nicht nur wir warten gespannt auf die Entscheidung, wie es mit dem Flughafen hier weitergeht; auch andere Unternehmen, die schon dort beheimatet sind, würden gerne expandieren. Die alles entscheidende Frage lautet also: Gibt der Flughafen Düsseldorf seine Anteile an seiner Mönchengladbacher „Tochter“ ab, und wenn ja, wer bekommt sie, und welche Absichten hat ein potenzieller neuer Eigentümer? Ich brauche, genau wie alle anderen Unternehmen, die dort wachsen möchten, Planungssicherheit.
Wie groß planen Sie einen eventuellen Neubau?
Derzeit haben wir am aktuellen Standort 1.100 Quadratmeter Lagerfläche und 500 Quadratmeter Bürofläche. Bei einem Neubau würde ich nahezu verdoppeln, also rund 2.000 Quadratmeter Lagerfläche und 800 Quadratmeter als Bürofläche. Sollte es am Flughafen Mönchengladbach mit einem Neubau nicht klappen, werde ich an unserem jetzigen Standort investieren. Die Kapazitäten sind da, und ich würde hier eine dritte Halle beziehen wollen und einen langfristigen Mietvertrag unterschreiben. Der Wunsch bleibt aber ganz klar, dass die Perspektive Neubau am Flughafen umsetzbar wird, denn wenn man schon investiert, will man in etwas Eigenes investieren.
Der Gladbacher Flughafen gehört zu 70 Prozent der Flughafen Düsseldorf GmbH, der entsprechende Vertrag läuft noch bis zum Jahr 2020. Wie lautet denn Ihre Prognose, wie es danach am Flughafen Mönchengladbach weitergeht?
Das ist sehr nebulös und aktuell schwer zu beantworten, weil sich bislang keiner der Beteiligten so richtig aus der Deckung gewagt hat. Ich bin aber davon überzeugt, dass der Flughafen Mönchengladbach eine Renaissance erleben wird, wenn man es richtig anstellt. In den 80er Jahren war der Mönchengladbacher Flughafen einer der TOP3-Landeplätze in Deutschland, was die Anzahl der Starts und Landungen angeht. Und er ist immer noch eine Perle: Ein privater Investor, der wirklich ein Herz für die Fliegerei hat, kann aus diesem Standort eine richtige Attraktion machen. Der Hugo Junkers Hangar beispielsweise hat dafür gesorgt, dass der Flughafen Mönchengladbach wieder ins Bewusstsein der Bürger rückt. Generell würde ich mir in Deutschland wünschen, dass das Thema Fliegen durch Emotionen mehr in den Fokus gestellt wird. In den USA beispielsweise ist es mit Harrison Ford ein bekannter Schauspieler, der die „Young Eagles“, eine Vereinigung der Nachwuchspiloten in Amerika, anführt. So bekommt die Fliegerei von alleine ein ganz anderes Standing. Oder schauen Sie sich die Schulen in den USA an: Regelmäßig unternehmen Schulklassen dort, gesponsert von Unternehmen oder Privatleuten, Tagesausflüge zu Flughäfen, wodurch Schüler früh einen Bezug zu diesem Thema bekommen. Bei uns fahren die Schulen lieber in den Zoo. Fliegerei hat etwas Besonderes – man muss es beim Nachwuchs nur herauskitzeln und die Einstiegsbarrieren nicht so hoch setzen.
Glauben Sie, dass Düsseldorf den Standort Mönchengladbach nach Ablauf der Verträge weiter betreibt?
Ich kann es mir ehrlich gesagt nicht vorstellen. Aus meiner Sicht wäre der Einstieg eines Investors – beispielsweise der NEW, die schon Anteile am Flughafen hält – in Kombination mit der Unterstützung der Wirtschaftsförderung wünschenswert. Die WFMG wie auch viele hiesige Unternehmen wissen um das Potenzial, das der Flughafen für Mönchengladbach bietet. Wird dies künftig effizienter abgerufen als in der Vergangenheit, wird unser Flughafen richtig aufblühen!
Mit APS-Geschäftsführer Wolfgang Dillbaum-Alexius sprach
Wirtschaftsstandort-Redakteur Jan Finken
IM NETZ
www.aps-aviation.com