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Engagiert – zielstrebig – weiblich!

 

Mönchengladbach. Das gesamte Handwerk in Mönchengladbach ist von Männern besetzt. Ganz Mönchengladbach? Nein, eine pfiffige Firma für Energietechnik, Elektro-Installation und Automatisierung schwimmt „gegen den Strom“ und beschäftigt gleich zwei junge Frauen in der vermeintlichen Männerdomäne. Hepp-Schwamborn ist ein in dritter Generation geführtes Familienunternehmen, und neben den klassischen Dienstleistungen im Bereich der Elektrotechnik umfasst das Portfolio von Hepp-Schwamborn auch Zukunftsbranchen wie E-Mobilität (mit der Installation von E-Ladesäulen und Wallboxen) und Automatisierungslösungen.

 

Eine breite Spanne, die auch Laura Bartsch und Michaela Bohnen interessiert. Beide sind als Elektronikerinnen für Energie- und Gebäudetechnik in der Firma angestellt und damit – abgesehen von der Verwaltung – die einzigen beiden Frauen im „Blaumann“. Die 22-Jährige Laura Bartsch, die ihre Ausbildung zur Energie- und Gebäudetechnikerin in einem Betrieb bei Aachen absolviert hat, wusste schon früh, dass sie einen Beruf im produzierenden Gewerbe ergreifen würde. „Es ist einfach schön, dass man hinterher sieht, dass etwas Greifbares durch die eigene Arbeit entstanden ist“, erklärt Laura Bartsch.

 

Ihre Kollegin Michaela Bohnen (24) pflichtet ihr bei: „Unser Beruf ist extrem abwechslungsreich, man hat Kontakt zu anderen Menschen und selten Langeweile.“ Nach ihrem Abitur wollte sie ursprünglich eine Ausbildung zur Kfz-Mechatronikerin absolvieren, entschied sich dann jedoch anders.

 

„Handwerk ist einfach nicht sexy“
Kuno Schwamborn, Geschäftsführer
von Hepp-Schwamborn

 

Mit ihrem aktuellen Arbeitgeber Hepp-Schwamborn sind beide mehr als zufrieden – auch, weil sie im männlichen Kollegenkreis absolut respektiert werden. „Hier gibt es keine dummen Sprüche, nur weil wir Frauen sind. Wir erledigen dieselben Arbeiten auf der Baustelle und brauchen keine Sonderbehandlung“, betont Michaela Bohnen. Kuno Schwamborn gefällt diese Einstellung: „Beide sind selbstbewusst genug, um sich in dieser Männerwelt – und das ist das Handwerk nun einmal – zu behaupten. Es ist sowieso dummes Zeug, dass eine Frau nicht in einem Handwerksberuf arbeiten könne, weil das angeblich zu schwer sei“, meint der Geschäftsführer von Hepp-Schwamborn. Den Gegenbeweis treten derzeit Bartsch und Bohnen an, sehr zur Freude von Schwamborn: „Beide haben uns mit ihrer Arbeit und ihrem Einsatz voll und ganz überzeugt. Sie sind engagierter und zielstrebiger als viele ihrer männlichen Kollegen.“ Michaela Bohnen hatte schon ihre Ausbildung bei dem Rheydter Traditionsunternehmen absolviert und schloss mit hervorragenden Noten ab; unter anderem wurde sie im zweiten Ausbildungsjahr von der Kreishandwerkerschaft Mönchengladbach und der Handwerkskammer Düsseldorf als erster weiblicher Azubi in einer gewerblich-technischer Ausbildung zum „Lehrling des Monats“ im Kammerbezirk gekürt.

 

Gäbe es mehr am Handwerk interessierte junge Frauen, Kuno Schwamborn hätte kein Problem damit, auch weiteren weiblichen Handwerkern eine Chance zu geben. „Leider ist unsere Branche bei jungen Leuten immer noch sehr unpopulär. Handwerk ist einfach nicht sexy.“ Das führt inzwischen nicht nur bei Hepp-Schwamborn zu echten Nachwuchssorgen: Gab es vor knapp zehn Jahren noch über 150 Bewerbungsmappen, die sich auf dem Schreibtisch von Schwamborn stapelten, sind es derzeit kaum noch rund 30 Bewerber, die sich auf die vier bis fünf Ausbildungsstellen pro Jahr bei Hepp-Schwamborn bewerben. Verschwindend gering ist dabei die Zahl an Bewerberinnen: „Wenn wir in den vergangenen 30 Jahren vielleicht fünf Bewerbungen von jungen Frauen hatten, ist das optimistisch geschätzt.“

 

Zu schaffen macht Handwerksbetrieben auch die theoretische Ausbildung an den Berufsschulen, wo wegen Lehrermangels oft Schulstunden ausfallen. Wie im März diesen Jahres: Üblicherweise hatten da die sechs Auszubildenden im zweiten Lehrjahr von Hepp-Schwamborn an zwei Berufsschultagen begleitenden theoretischen Unterricht, wovon aber aufgrund eines akuten Lehrermangels nur an einem Tag unterrichtet werden konnte. Abhilfe schaffte das Unternehmen in Person der frisch gebackenen Gesellin Michaela Bohnen, die kurzerhand den nur wenig jüngeren Azubis ihr taufrisches Fachwissen, beispielsweise zum Thema E-Mobilität (u.a. Aufbau, Anschluss und Messungen), weitervermittelte. „Grundsätzlich sind wir derzeit nicht nur mit unseren beiden weiblichen Mitarbeiterinnen, sondern auch mit ihren Kollegen und unseren 15 Azubis sehr zufrieden. Und wir werden weiter alles dafür tun, dass sich Jugendliche in Zukunft mehr für eine Ausbildung im Handwerk entscheiden. Denn es heißt nicht umsonst: ‚Handwerk hat goldenen Boden‘. Eine handwerkliche Ausbildung bietet eine sichere berufliche Zukunft“, unterstreicht Kuno Schwamborn.

-jfk

 

BOTSCHAFTER IM BLAUMANN

Bei Hepp-Schwamborn beginnt Weiterbildung bereits bei den jüngsten Mitarbeitern: 15 Auszubildende wurden unlängst im Rahmen eines Seminars mit dem Titel „Botschafter im Blaumann“ Tricks und Tücken des unmittelbaren Umgangs mit Kunden und den Gegebenheiten vor Ort nähergebracht. Korrektes Auftreten beim Antreffen des Kunden vor Ort hat für die Auszubildenden und nicht zuletzt den Betrieb einen hohen Stellenwert. Das erfordere neben Seriosität und Höfl ichkeit auch ein gewisses Taktgefühl, wie Referentin Julia Hanisch, Beraterin am BES-Institut Mönchengladbach, erläuterte: „Es beginnt beim fehlenden Handreichen zur Begrüßung und endet beim Parken auf dem Chefparkplatz; bei diesen und ähnlichen Gelegenheiten unangenehm aufzufallen, sollte unbedingt vermieden werden.“ Die Azubis haben so nützliche Tipps bekommen, wie sie bei zukünftigen Kundenterminen idealerweise Fachliches mit Menschlichem kombinieren.

 

Bildunterschrift (Foto oben): Michaela Bohnen (l.) und Laura Bartsch sind als einzige weibliche Elektronikerinnen bei Hepp-Schwamborn voll akzeptiert. Sie überzeugen Firmen-
Chef Kuno Schwamborn mit Ehrgeiz und technischem Verständnis.
Foto: Andreas Baum

 

Engagiert – zielstrebig – weiblich!
ist ein Beitrag aus der aktuellen Ausgabe
des Magazins Wirtschaftsstandort Mönchengladbach.
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