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Labor am Limit

 

Mönchengladbach. Mitte November, und kein „Flatten the curve“ in Sicht: Trotz des von der Bundesregierung verordneten „Lockdown light“ sind die Corona-Infektionszahlen gestiegen – am traditionellen Karnevalsauftakt am 11.11. wurden über 18.400 Neuinfektionen in ganz Deutschland gemeldet. Diese rasant steigenden Zahlen bringen die Testlabore an ihre Kapazitätsgrenze, so auch das Mönchengladbacher Labor MVZ Dr. Stein + Kollegen. Seit Anfang November werden hier pro Woche 40.000 Corona-Tests durchgeführt – doppelt so viele wie noch im Vormonat. Damit hat das Labor Dr. Stein sein Maximum erreicht, mehr geht nicht. „Zumal wir auch von der Versorgung mit neuen Reagenzien und Abstrichstäbchen abhängig sind, und die verläuft angesichts der hohen Nachfrage mitunter schleppend“, erklärt Abteilungsleiter Beau Wolter. Doch selbst wenn diese in ausreichender Zahl zur Verfügung ständen: Labormitarbeiter und Testgeräte sind längst am Limit. „Wir haben erst kürzlich 15 neue Mitarbeiter eingestellt. Allerdings sind Fachkräfte mit einem molekular-biologischen Hintergrund auch nicht so einfach zu finden“, betont Wolter.

 

Um weitere Testkapazitäten zu schaffen, hat das Labor auf seiner Außenfläche einen mobilen Test-Container aufgebaut. Hier werden jeden Werktag zwischen 7 und 19 Uhr bis zu 140 Corona-Tests durchgeführt. Die Anmeldung erfolgt online (Link siehe INFO), ein Test dauert rund fünf Minuten. Aufgrund der riesigen Nachfrage dauert es momentan drei Tage, ehe man einen Termin bekommt; das Testergebnis liegt dann frühestens 24 Stunden später vor und kann online abgerufen werden. „Wir bitten angesichts dieser Wartezeiten und der Tatsache, dass wir anhand der Krankheitssymptome auch priorisieren müssen, um Verständnis“, so Beau Wolter (Foto links). Wollten in den Monaten zuvor viele der Besucher aus reiner Vorsicht und präventiv einen Test auf das Virus machen lassen, gibt es inzwischen viel mehr konkrete Verdachtsfälle, die abgeklärt werden müssen. „Es kommen mehr Menschen, die Symptome zeigen oder Kontaktpersonen von Infizierten sind“, stellt Wolter fest.

 

„Es droht ein Zusammenbruch
der Versorgung“
ALM-Vizevorsitzender Professor Jan Kramer

 

Am Standort Hardt arbeiten 450 Mitarbeiter im Labor Dr. Stein, inklusive des zweiten Standorts Aachen sind es rund 700. Das Labor Dr. Stein gehört zur Limbach-Gruppe, in der bundesweit 33 Testlabore mit insgesamt 5.500 Mitarbeitern zusammengefasst sind. Der Dachverein der akkreditieren Labore in der Medizin e. V. (ALM) hat jetzt vor einem Kollaps der Labore gewarnt: „Die medizinischen Labore sind mit den aktuellen Anforderungsmassen der SARS-CoV-2- PCR überlastet. Bei Fortsetzung dieser Überflutung mit Proben oder dem Eintritt zusätzlicher Ereignisse wie Geräte- oder Personalausfall, droht ein Zusammenbruch der Versorgung. Die rote Ampel wurde überfahren“, sagt etwa Professor Jan Kramer, stellvertretender Vorsitzender des ALM e.V.. Kramer und seine Vorstandskollegen sehen die Lösung vor allem darin, „sich endlich auf die Nationale Teststrategie zu fokussieren und zuallererst die dort mit hoher Priorität vorgesehenen PCR-Testungen vorzunehmen“.

 

„Die Mönchengladbacher sind sehr diszipliniert“
Beau Wolter, Abteilungsleiter Labor Dr. Stein

 

Vorsitzender Dr. Michael Müller ergänzt: „Es werden immer noch zu viele asymptomatische und damit Personen mit sehr niedriger Priorität getestet. Hier braucht es jetzt eine Verbesserung der Akzeptanz und der Umsetzung der Empfehlungen des RKI zur Nationalen Teststrategie. Für zusätzliche, großzügige und ungezielte Testkonzepte auf Landesebene verbleibt kein Spielraum mehr.“ Zwar setzten die fachärztlichen Labore des ALM e.V. selbstverständlich alles daran, alle Bürger so gut wie möglich und in angemessener Zeit mit COVID-19-Diagnostik zu versorgen. Doch in Zeiten des Ressourcenmangels, in denen man sich mit Blick auf die SARS-CoV-2-Diagnostik nun befinde, müssten eben diejenigen Menschen prioritär mit Diagnostik versorgt werden, die diese am dringendsten benötigen. „Auch wenn ich gut verstehen kann, dass viele Menschen über Tests gerne zusätzliche Sicherheit gewinnen möchten: Medizinische Tests sind in erster Linie zur Diagnose der Infektion bei Patienten und im Falle der Pandemie auch zur Verhinderung der Ausbreitung sowie zum Schutz besonderer Risikogruppen da“, unterstreicht Müller.

 

Derweil läuft der Test-Marathon im Labor Dr. Stein weiter. Was Abteilungsleiter Beau Wolter freut: „Die Mönchengladbacher sind sehr diszipliniert. Sie kommen zu den Testterminen pünktlich, tragen Masken und halten Abstand. Unsere anfängliche Sorge, es könnte zu Problemen mit und in Warteschlangen kommen, hat sich bislang zum Glück als unbegründet erwiesen.“

-jfk

 

 

INFO
Unter diesem Link können Bürger online Testtermine auf das Coronavirus vereinbaren.

 

 

„Labor am Limit“ ist ein Beitrag aus der aktuellen Ausgabe
des Magazins Wirtschaftsstandort Mönchengladbach.
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